Warum Freiheit? |
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09.01.20 / 14.03.17, 22:00 / 25.02.17, 09:00 / 31.03.11, 22:00 Elemente liberalen Denkens und liberaler Politik: Überlegungen zu Freiheit Freiheit ist nur die des Einzelnen; dazu gibt es einen keineswegs abgeschlossen definierten Kriterien-Katalog. Wesentlich wird Freiheit aber von Gefühlen bestimmt. Freiheit kann der Einzelne allerdings nur dann wahrnehmen, wenn Rechte der Anderen abwesend sind (1). Deswegen wird Freiheit im Folgenden vertieft behandelt. Freiheit kann nur absolute Freiheit sein Spätestens als die Autoren der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung vom 04.07.1776 Leben, Freiheit und die pursuit of happiness damals noch romantisierend in den (gemeinsamen) Zusammenhang stellten, wurde Freiheit eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse. 240 Jahre später, d.h., heute, muss der Romantik abgeschworen und die Freiheit des Einzelnen als rational gebotenes Muss verstanden werden. Andernfalls wäre das Konzept des nicht animalischen Menschen ad absurdum geführt und außerdem ein - erlaubter aber nicht sinnvoller - Widerspruch zu den Erkenntnissen der modernen Physik (1910-1930) hergestellt. Die Vorstellung vom Einheitsmenschen ist ein Albtraum (2). Solchen Einheitsmenschen gibt es nicht und kann es glücklicherweise nicht geben. Daraus folgt zwingend der Umkehrschluss : Alle Menschen sind untereinander ungleich und müssen allesamt sowohl frei wie selbstbestimmt sein. Ohne Freiheit und Selbstbestimmung gäbe es nämlich lediglich Einheitsmenschen und obendrein gesellschaftlichen Stillstand (siehe dazu auch Christian Lindner in Ungleichheit ist besser, Tagesspiegel, 14.12.10). Diese Aussagen sind uneingeschränkt apodiktisch und ohne jeglichen Abstrich gemeint. Da es Viele gibt, die das nicht akzeptieren, ist Toleranz außerdem zwingend. Umkehrschluss: Ohne Freiheit bei obwaltendem “privatem Gewissen” keine Toleranz. Systematisch Freiheit zerstörende Tendenzen Bevor über vermeidbare Freiheitseinschränkungen geurteilt wird, ist sinnvoll, die Tendenzen mit den geringsten Chancen ihrer Überwindung zu betrachten:
Determinismus - Maschine - Mensch Wird der Mensch als deterministische (bestimmbare) Funktionalität (Automat, Maschine, o.ä.) begriffen, ist Freiheit als Zielfunktion und Gestaltungselement jedoch überflüssig; unterschiedliche Begabungen und Fähigkeiten würden in diesem Fall durch Regelungen, d.h., weitergehender als nach der Idee des Gesellschaftsvertrages, eliminiert. Vielleicht gar nicht überraschend gilt auch der Umkehrschluss: Regulierung, die intermenschliche Ungleichheit eliminiert, erforderte - damit der gedachte Prozess stattfinden könnte - den deterministischen Menschen. Das entspricht dem liberalen Menschenbild nicht. Ethik Die Gleichheit aller Individuen untereinander wäre sehr praktisch. Der Andere wäre besser einzuschätzen; vor Allem seine Absichten. Aber die Einzelnen verzichteten auf den Vorteil ihrer Individualität. Resultat ist das liberale Menschenbild, das viele der ”sonstigen” Menschenbilder nicht von vorne herein ausschließt. Wesentlicher Bestandteil des liberalen Menschenbildes ist die Gewissensfreiheit, die folglich privat ist. Das Gewissen des Einzelnen ist für den (erzwungenen, gewalttätigen) Zugang anderer radikal tabu. Jeder Kompromiss hierzu vernichtet Freiheit. Die oftmals übersehene Dialektik von der Freiheit des Einzelnen Was dem Einen, auch dem Anderen: Freiheit für alle. Da Handeln mit der Gewissensabsicht (sogar) beginnt, wird durch das (freiwillige) Handeln des je Anderen sein Gewissen freiwillig, ggf. immerhin ein wenig, transparent. Freiheit ist aus der Intra-Sicht des Einzelnen zunächst wünschenswert. Und aus der Inter-Sicht ist Freiheit ungemein praktisch. Die Absichten der anderen Mitglieder der Menschheit werden freiwillig “bekannt gegeben”, also erkennbar. Es erhält damit das alterozentrierte Denken/Handeln eine wichtige Stütze. Freiheit ist u.a. die Grundlage für gegenseitiges Verstehen. Daraus folgt: Freiheit spaltet nicht, Freiheit schweißt zusammen Letzteres haben die Sozialisten in der UdSSR, der DDR und anderer Gesellschaften/Staaten so nicht gesehen. Deswegen sind die Staaten, die Gesellschaften, in der Folge sogar die Ökonomien zusammengebrochen. Steht individuelle Freiheit im Mittelpunkt des liberalen Denkens, so wird genau dadurch auch Verantwortung zum Imperativ. Denn die Freiheit des Einzelnen ist dialektisch mit der Freiheit des Anderen verbunden. Beispielsweise bedeutet die Freiheit des einen Menschen, ein bestimmtes Stück Brot als Eigentum zu betrachten, die Unfreiheit des Anderen bezüglich des gleichen Wunsches. Freiheit des Einzelnen ohne die Verträglichkeit mit der Freiheit des Anderen existiert alleine ebenso wenig wie der isolierte Süd- oder Nordpol eines Magneten. Das Fehl-Verhältnis der Freiheit des Einen mit der Freiheit des Anderen wird stets nur in Ansätzen justiziabel sein. Durchaus komplexe Entscheidungen trifft daher der Einzelne unter Einsatz seines Gewissens in eigener Verantwortung. Wer Freiheit nutzt, Freiheit lebt, muss gezwungenermaßen sozial, (alterozentriert) handeln. Andernfalls droht gesetzliche oder informell negative Sanktion. Diese Verhältnisse sind in der zivilisierten Welt überwiegend gut gelöst; aber ohne Zweifel nur überwiegend. Die theoretische Gesellschaft mag perfekt sein. Die perfekte reale Gesellschaft gibt es nur unter totalitären Verhältnissen. Ökonomie Arbeitsteilung, damit Komplexität erhöhen Effizienz. Das ist sowohl Freiheitsmehrung wie Freiheitsminderung. In weniger Stunden erledigte Arbeit, verlängert die Zeit in der Sonne zu liegen oder mit Eispickel und Helm auf den Taunus zu klettern. Wenn aber der Andere das Ersatzteil der Maschine nicht rechtzeitig liefert, scheint die Sonne oder existiert der Taunus “für die Katz”. Diese Andeutung bringt ein zweifach wirksames Dilemma zum Ausdruck:
Sowohl Markt wie Vertrag sind archaische soziale Bildungen (Begriff nach Hayek) in Jahrtausenden bewährt. Beide fußen zwingend (Umkehrschluss anwenden) auf dem Prinzip vom Eigentum. Aus den Bildungen Markt, Vertrag, Eigentum folgt seinerseits ex post betrachtet zwingend die soziale Bildung des Staates, ebenfalls archaischen Ursprungs. Fazit dieses Abschnitts: Ökonomisches Handeln schränkt Freiheit ein. Staat ist das soziale Band als Garant für Freiheit der Individuen und die Funktion der Ökonomie. Liberale & Sozialisten Der konzeptionelle Rahmen für alle denkbaren Freiheitsgrade (aller) ist bis hierher abgesteckt. Somit ist unerbittlich in der Realität zu landen, denn so findet Gesellschaft statt. Liberale postulieren maximale Freiheit, weil andernfalls eine totalitäre Elite herrschen müsste (3); Sozialisten die minimale, weil andernfalls Ausbeutung obwaltete. Ein ideeller Kompromiss zwischen Liberalen und Sozialisten ist grundsätzlich nicht möglich: Die Positionen sind antagonistisch. Praxis ist die des - aus Gründen eines arbeitsfähigen demokratischen Regimes zu bejahenden - faulen Kompromisses:
Unter ganz praktischem Gesichtspunkt ist die Zukunft mitnichten determiniert. Das Individuum, die Gesellschaft können sich aktuell und nachhaltig richtig sich nicht einmal selbst verstehen. Wird Komplexität durch Regeln des Verhaltens eliminiert, lehnt sich der Einzelne früher oder später gegen die deswegen unvermeidliche totalitäre Herrschaft auf. Der Einzelne will offenkundig frei und eben nicht determiniert sein. Und vor allem anders als andere sein. Warum Freiheit nicht jegliches Denkbare einschließt Aus Erfahrung ist naheliegend, dass Freiheit (des Einzelnen) nicht entgrenzt sein kann. Bei näherer Betrachtung der Gründe zeigt sich jedoch, dass manche Freiheitsbeschränkung zu Frieden, Hilfsbereitschaft und Gemeinsinn nicht zielführend beiträgt:
Fazit dieses Abschnittes: Freiheit beschränken die Menschen sich daher untereinander, um die des allgemeinen Einzelnen - nicht notwendigerweise auf unbeschränkte Dauer - noch zu mehren. Welche Regeln also? Bei der Suche nach solchen Regeln gelangt jeder Denkende abrupt an die Grenze der Erkenntnisfähigkeit, denn es geht hierbei in der Demokratie nicht um Herrschaftswissen; es kommt auf gemeinsam, geteilte Einsicht an. Und wenn das die Einsichten sind, dann muss der Einzelne im eigenen Interesse tun oder unterlassen ... Es wird nie eine stringente Theorie bzw. stringente Prinzipien geben, aus denen das “optijmale” Freiheitsvolumen abgeleitet werden könnte; der Definitionsprozess wird immer heuristisch sein. Es gibt immerhin transzendente Leitplanken für die Freiheit des Einzelnen.
Innerhalb dieser Leitplanken werden Kompromisse geschlossen; weitergehend als die Justiz könnte der Staatsapparat, die institutionelle Klammer der Gesamtheit aller Personen, die Schiedsfunktion übernehmen. Wird Staat als parteiischer Klassenstaat implementiert, in dem Politiker sogar “Interessen” vertreten, kann die Staatsverwaltung nur gewaltsam oktroyieren (4). Das ist abzulehnen; zwecks Einsicht genügt, all die negativen Erscheinungen in der real obwaltenden Demokratie zu betrachten. Das überzeugte kurze Fazit: Ja zur Freiheit, das ist klar. Zunächst basiert auf dem Menschenbild, auf der individuellen Gefühlswelt, aber auch stark gestützt auf organisationslogische Gesichtspunkte und schließlich Gesichtspunkte der gesellschaftlichen Systemtheorie. Freiheit soll möglichst umfassend sein. Mit Unzulänglichkeiten ist zu leben, genauso wie mit der Unzulänglichkeit des durch Karriere- Interessen katalysierten Überbietungswettbewerbs und dem gleichzeitig permanenten Versuch vieler (besonders mächtiger) Personen in der eigenen Lebenssphäre den Wettbewerb systematisch auszuschalten. Die beiden Effekte können nur durch den unerwünschten totalitären Staat vermieden werden. Sowohl Überbietungswettbewerb wie Kartellierung werden am wirkungsvollsten durch großes Freiheitsvolumen der Zivilgesellschaft (5) eingedämmt. -------------------- |
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