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Selbstbeschäftig’g

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10.10.21 / 20.02.08

 

”Staat” handelt, “Politiker” in den Büschen.

Neben den Problemen der funktionellen Rekursion, der Tendenz zur Selbstbeschäftigung u. bisweilen gar Usurpation steht die schwere materielle und kommunikative Fehlfunktion der im Staatskomplex tätigen Personen an erster Stelle:

Jemand (1) sagte laut DLF-Nachrichten vom 15.07.08 um 8.00/10:00 Uhr - und weil es wohl bedeutsam war auch um 16:00 Uhr - “niemand dürfe sich der Illusion hingeben, dass der Staat die Belastungen der Bürger durch steigende Kraftstoffpreise über das Steuersystem ausgleichen könne“. Und ob “er” “kann” ... wenn die Politiker wollen. Um solcherlei geht es im Folgenden.

O.a. Satz / Teilaussage sind juristisch korrekt, denn Staat wird aus praktischen Erwägungen als “juristische Person” geführt. Es handelt sich um die prinzipiell gleiche Lösung wie im Fall von Kapitalgesellschaften, die rechtsgeschäftlich durch Geschäftsführer (Vorstand) vertreten handeln

Der Satz, darin die Aussage “dass der Staat ... steigende Kraftstoffpreise ... ausgleichen könne”, ist grammatikalisch zwar korrekt aber umgangssprachlich besonders als Aussage im Rahmen politischer Kommunikation ein Kategorienfehler. Hierbei hat "Staat" die Rolle des Subjets und “ausgleichen kann” die Rolle des Verbs (Handeln des Subjekts).

L'État, c’est moi

hat angeblich der legendäre König der Franzosen seinen Kollaborateuren und dem Volke mitgeteilt. In lockerer Sprech-, heutiger Ausdrucksweise sagte der König imperativ: “ich bestimme“ - von sachlogisch bestimmter Gesetzmäßigkeit abgesehen - wörtlich “alles”.

Schon im absoluten Staat war der Wille der Politiker, oft eines Politikers maßgeblich. In der Demokratie führen Politiker die Staatsverwaltung formell durch Weisungen an die Mitarbeiter und inhaltlich nach parteipolitischen Gesichtspunkten; Verweigerung aus “politischen” Gründen kann als Schlechtleistung für Beamte oder  Angestellte der Staatsverwaltung sogar disziplinarische Konsequenzen haben.

Auf der Basis von Gesetzen, die sie selber beschließen, sind im Fall der juristischen Person "Staat" geschäftsführende Vertreter die Politiker, die nicht anders als Im Falle von Kapitalgesellschaften, ggf. an andere Institutionen, bzw. Mitarbeiter die Ausführung ihres Willens, d.h., ihrer Macht delegieren.

Sicherlich ist heute zu formulieren und gefühlsmäßig bewusst sein:

"L'État, c’est nous".

Ansonsten ist es dabei geblieben, dass Politiker "alles" bestimmen, wie seit eh und je Primat plus Gewaltmonopol innehaben. Daran ist auch nicht deswegen zu rütteln, weil Verfassung und Gesetze den Handlungsspielraum der Politiker in der Demokratie heute enger als früher fassen. Der Wille der Politiker ist allerdings entscheidend. Da ihnen zumal pauschal nicht unterstellt werden kann, sie wollten etwa Gesetze unterlaufen, gar brechen, zählt zum Willen der Politiker eben auch der Wille die Rechtsordnung zu beachten (2). Die Tatsache, dass in den letzten Jahren reihenweise verfassungswidrige Gesetze beschlossen wurden, bekräftigt die Bedeutung des Politiker-Willens.

Gegen Politiker-Handeln ist im Grundsatz nichts einzuwenden, denn Politiker sind in der Demokratie durch Wahlen zu politischem Handeln legitimiert und in der repräsentativen Demokratie funktionell zuständig, zum Handeln also im vollen Umfang der Funktionalität sogar verpflichtet; dazu gehört insbesondere, die Rechtsordnung samt Konkretisierung von Primat und Gewaltmonopol zu bestimmen.

Kommunikation ist immer zweckbestimmt, leider oft durchaus schlitzohrig.

Die Erfinder von Aussagen mit "Staat" als handelndes grammatikalisches Subjekt sind vermutlich die Juristen. Solche Sätze sind nämlich juristische Fachsprache. Der Jurist stellt sich vor und beschreibt die Wirkung etwa von Gesetzen auf das Objekt ("Adressat"), d.h., die (einzelne) Person. Staat ist dann stets die Gesamtheit der Institutionen, die samt Rechtsordnung als juristische Person "Staat" verkörpern, der mit dem Individuum in Interaktion tritt. Gemäß dieser Vorstellung wird in der Jurisprudenz geforscht und entwickelt. Die Beteiligung von Juristen im Prozess der Gesetzgebung ist unverzichtbar. So ging nachvollziehbar die juristische Denk- und Sprechweise in Politik über.

Für den konservativen Politiker hat diese Sprechweise den Vorteil, dass sein Wille transzendente, (zunächst) abstrakte Werte im Handeln der Mitmenschen konkretisiert zu sehen, durch die unterfütternde Logik unterstützt wird: Staat ist für die Individuen in der arbeitsteiligen Gesellschaft vernünftiger- und bekannterweise nämlich unverzichtbar (3).

Ähnlich das Interesse des sozialistischen Politikers: In der marxistischen Theorie wird Gesellschaft sprachlich mit "Staat" verschmolzen. Ihre Aussagen gewinnen dadurch die Autorität des Konzeptes vom unverzichtbaren Staat, der sozialistischen Gesellschaft.

Es ist nicht erforderlich Täuschungsabsicht zu unterstellen. Es genügt auszusagen, dass unbewusst, gar instinktiv der aussagende Politiker mit Aussagen vom “Staat, der handelt” sein eigenes Tun/Unterlassen verschleiert. Staat, tendenziell verklärt, auf dem hohen Sockel von Gesellschaft oder gar Schöpfung, bleibt damit als Konstrukt für den Einzelnen unantastbar ... für Politiker dagegen Handlungs-, Verfügungsmasse. Bestes Beispiel (kein Beweis): "Der Staat erhöht die Steuern". Juristisch korrekt, derweil es den Satz "Staat weiht den Fahrradweg ein" garantiert noch nie gegeben hat.

In der Medienwirtschaft besteht das Interesse an dieser Ausdrucksweise ebenfalls, weil die Anzahl der Wörter der entsprechenden Aussage dann geringer ist. Dies beginnt schon bei Formulierung von "Schlagzeilen", dem Titel geschriebener oder gesprochener Nachricht.

Deskommunikation und (folglich) Desinformation

Sicher ist zu konzedieren, dass das Publikum bei den sprachlich und juristisch korrekten Sätzen der Form "der Staat ... <Verb das Handlungen ausdrückt> ... " in der Regel weiß (wissen könnte), was gemeint ist. Ob die weitergehenden Implikationen durchschaut werden, ist zumindest zweifelhaft. In der Fülle komplexer Vorgänge, des geringen Netto-Informations- Wertes, des zu geringen Wahrheitsgehaltes (4) und des enormen Informationsvolumens ist reales Verstehen, vermutlich sogar überwiegend, nicht gegeben. Dies auch, weil angesichts widersprechender Aussagen aus dem politischen Raum das Publikum bezüglich Wahrheit massiv verwirrt ist, daher aufgibt, zumindest verdrossen wird. Es fehlen schließlich im Publikum Interesse und Ausbildung.

Das Ideal ist unerreichbar. Näherung machbar. Pessimistische Sicht überwiegt.

Es widersprechen sich - heute realiter so gefühlt - die Interessen der Individuen im komplexen Rollen- und Gruppengefüge. Gemeinsames Interesse ist aber, Voraussetzungen dafür erfüllt zu sehen, dass die Fakten zur Beurteilung der Politiker-Tätigkeit transparent sind. Zwar wird verstärkt durch den Wettbewerb der Parteien hierzu Information geliefert, aber die Intensität der gemeinsamen Interesses der Politiker an ihrem "Arbeitsplatz" darf angesichts der unvollständigen, fehlerhaften Nettoinformation nicht unterschätzt werden. Wenn Politiker sich andererseits gegenseitig mit dem schwarz-weißen Dreschflegel traktieren, trägt dies ebenfalls nicht zur besseren Aufklärung des Publikums bei. Das Publikum weiß von Vorgängen und Aussagen. Aber informiert mit dem Ziel hinreichend treffsicherer Politiker-Beurteilung ist das Publikum mitnichten.

Auch wenn manchmal der Eindruck entsteht, dass Politiker "die Bevölkerung" beim Thema "Souverän", da letztlich irreal, systematisch und gewollt auf den Arm nehmen, ist es gleichwohl möglich, das Ideal ein wenig besser zu erfüllen.

Vom Souverän geht, juristisch perfekt begründet, der Wille aus. "Ha-ha-ha" ist erklärungshalber einzuschränken (5). Denn der Wille des Souveräns wird vom Willen "seiner" gewählten, legitimierten, also zuständigen Vertreter, den Politikern, gefiltert (6) . Nur auf den Willen der wechselnd zusammengesetzten Politiker-Gemeinschaft, "l'État, c’est Nous", kommt es an (6); und untergeordnet auf den Willen der Erfüllungsgehilfen in der Staatsverwaltung. Beamtete Individuen haben in dieser Rolle diszipliniert und unbedingt den Willen der Politiker auszuführen. Beamte und Staatsangestellte werden über Zeitabschnitte verglichen, sogar zu widersprüchlichem Verhalten angehalten; andernfalls kann dem Einzelnen, das Urteil Schlechtleistung und damit disziplinarische Konsequenz drohen und legal vollzogen werden.

Eindeutige Kommunikation ist die Voraussetzung, das Ideal vom Souverän besser zu erfüllen. Im konservativen oder sozialistischen Staat mit seinen totalitären Versuchungen, besonders wenn von "besser Wissenden" "regiert", kommt es in der Tat auf das Wollen der Bevölkerung nicht an. In der Demokratie, so sie ernst genommen wird, ist politische Kommunikation mit Ungefährem oder zu Missverständnissen Verführendem ein Missgriff, der aufgrund der "objektiven Verhältnisse" an Unrecht grenzt. Diesen schwerwiegenden Vorwurf etwas zurückgenommen, ist schließlich klar, dass Sätze der Form "Der Staat ... <Verb, das Handlungen ausdrückt> ... " ungeeignet sind, die positive Demokratie zu fördern, dem sogar widersprechen.

Vermutlich ist die Praxis der politischen Deskommunikation die Ursache für die allseits beklagte Politikverdrossenheit. Dass Politiker hierbei Schwierigkeiten haben, soll nicht übersehen werden. Es sind allerdings Schwierigkeiten untereinander. Ihnen hierbei seitens Berufsfremder zu helfen, ist so gut wie unmöglich. Mit dieser Schwierigkeit müssen die Politiker also selber fertig werden. Frei wie jeder Mensch, können/sollen/dürfen Politiker nicht zu einer bestimmten Ausdrucksweise gezwungen werden; sie müssen überdies den tieferen Sinn, den Wert von Demokratie nicht bei jedem Atemzug wie eine Monstranz vorführen. Wenn Politiker bei der Vorbereitung von Reden und Texten an den Souverän der Demokratie denken, daher Sätze mit Staat als handelndem Subjekt unterlassen, wäre viel gewonnen.

Und "die Medien"?

Es gilt für den Berufsstand der Journalisten das Gleiche; für sie entschärft die Kurzformel teilweise den chronischen Platzmangel. Selbstverständlich bleibt es bei der Meinungsfreiheit. Wer will, sagt/schreibt "der Staat erhebt Steuern". Sprachlich und juristisch korrekt. Aber "politisch" kontraproduktiv.

Sozialisten, Konservative, Liberale

Nur höchstvorsorglich: Es bleibt "erlaubt" Sozialist oder Konservativer zu sein, d.h., so zu denken und so zu sprechen.

Dass die Liberalen vorstehend nicht erwähnt werden, liegt auf der Hand. Wollen wir die perfekten Liberalen? Vielleicht oder doch nicht? Denn das Einzige noch langweiligere ist "mit der eigenen Schwester in die Disco zu gehen" und das Lesen von Medienschelte muss hier unterbleiben, obwohl gerade "sie" zur Lösung des Problems der systematischen "Deskommunikation" "in dieser Gesellschaft" den wesentlichen Beitrag liefern könnten.

Wer sich vornimmt, die inkriminierte Sprechgewohnheit - im Rahmen der politischen Kommunikation - auszumerzen, wird längere Zeit immer wieder mit sich ringen müssen. Ganz besonders unsere juristischen Damen und Herren, wenn sie neben fachspezifischer auch an der politischen Kommunikation teilnehmen (wollen).

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(1) der schon mal krachend eine Wahl vergeigte
(2) Kleines, süßes “Ehämm” ändert daran nichts im Grundsatz
(3) Staat ist für die Gesellschaft, wie das Betriebssystem für den PC
(4) beispielsweise weiß jeder Arbeitnehmer, dass  Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung sein Vorteil sind; aber nicht bzw. selten, dass die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung kausal auf die Wirtschaftlichkeit seiner Arbeit zurückzuführen ist. Politiker sprechen allerdings von der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung.
(5) Viele gesetzliche Regelungen, die die Mehrheit will, gibt es nicht. Viele, mehrheitlich abgelehnt, beschließen die Politiker in den Parlamenten trotzdem. Hier nicht weiter vertieft wird die im Gesetzgebungsgeschehen (-willen) wirksame Gewohnheit, im Interesse von Wahlzielen Halb- oder Unwahrheit zu verbreiten, Wahrheit zu unterschlagen. Zu letzteren zählt das Ausbleiben von Aussagen zu den Heute-Kosten der Maßnahmen zu sog. Umweltschutz. Das edle Motiv der Sorge, dass andernfalls Umweltschutz den Wählern nicht vermittelt  werden kann, ist ebenfalls in keiner Weise akzeptabel 
(6) daran ändern noch so triftige Gründe, etwa Interessenausgleich, nichts.
 

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