07.01.18 / ... / 08.09.03
Was lehrt die Erfahrung in Chile?
Reformen, auch gesellschaftlicher Wandel erfordern Geduld, Toleranz und perfektes Demokratie-Verständnis. Keines Menschen Meinung kann oder darf etwa durch
Knopfdruck verändert werden. Es sind die Eiferer und Fanatiker - von letzteren hat das vorige, 20. Jahrhundert sehr viele gesehen - die Probleme auslösen, auch Raff- oder Habsüchtigen zu widerlichem Verhalten Anlass bieten. Leider ist
das Problem der Fanatiker, trotz dem krachenden Zusammenbruch des Ostblocks, bis heute nicht überwunden. Fanatismus scheint sogar wieder zuzunehmen. Sorge ist daher angezeigt. Neben jenen “Linken”, die ihre Fehler einsehen,
gibt es, weit verbreitet, noch viele “Linke”, die meinen, ein gebrochenes Verhältnis zur Landesgeschichte haben zu müssen. Aufgesetztes Getue, Uneinsichtigkeit, Unbelehrbarkeit? Wer weiß das genau ... Auf jeden Fall so oder
so oder so falsches Verhalten. Vermutlich ist das politische aber auch menschliche Trauma des 11. September 1973 noch nicht völlig überwunden; die Nostalgie einer virulenten sozialistischen Bewegung tut ein Übriges.
In D’land wird derweil überwiegend zum “11. September 1973” eingeheizt; zumindest befremdlich die PM der SPD zum Thema. Es gibt auch Schnodderiges, wie etwa beim SPIEGEL durchdekliniert. Beides ist nicht hilfreich. Hilfreich wäre: “Mensch Leute, messt die Höhe Eurer Stirn; seht ein,
dass Geschichte (leider) auch Dampfwalze ist ... Sowjetunion, Chile, Volksrepublik China, Deutschland, Cuba, Brasilien ... Viele Schuldige wurden “erwischt” ... aber eben nie alle. Politische Vernunft wäre bei solcher
Einsicht nicht mehr aufzuhalten. Und dann müssten besonders deutsche Sozialisten bereit sein, auf die innenpolitisch wirksame Instrumentalisierung des Staatsstreiches vom 11. September 1973 in Chile
zu verzichten, statt sich per Betroffenheitsadressen (echt gefühlter?) zu autoheroisieren.
Eine denkbare, höhere Warte
Revolutionen, Staatsstreiche von welchen Kräften auch immer ausgeführt, sind fast ausnahmslos verwerfliche Prozesspolitik und immer die Folge von Elite- oder Herrschaftsversagen. Etwa in Lateinamerika, haben sich zu viele Personen, die ihren Staat hätten tragen können in der Meinung, “die Militärs werden es ggf. schon richten” zurückgelehnt und hierbei nicht bedacht, dass Militärs eben keine Personen sind, die von Beruf das Verhandeln gelernt haben, sondern den ggf. demokratisch legitimierten Auftrag haben mit (blutiger) Gewalt zu agieren. Es wäre unter vielen Gesichtspunkten ein Ideal auf Militärapparate zu verzichten; so weit aber ist die Welt leider nicht. Im übrigen agierten Berufspolitiker weder früher noch bis in die Gegenwart so wie es für die Vielen als Blaupause dienen könnte. Hierzu wird auch wegen dem Prinzip der sowi Unschärfe die Grenze gültigen und vermittelbaren Wissens erreicht.
Selbstlosigkeit von Anderen zu fordern ist billig und sinnlos. Es kann jedoch nicht schaden - ohne Pathos oder Besserwisserei -, an die
Vorteile von Selbstlosigkeit gelegentlich zu erinnern. Steuern sind selbstverständlich zu entrichten. Neben der pekuniären aber auch aus dem “Budget” der persönlichen Lebenszeit.
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