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03.05.22 / 14. 08.01 / 16.07.01

            Die Grünen haben mit Stand 03.05.22 die Kurve zu Realitätssinn erarbeitet: Baerbock, Habeck, sogar Hofreiter. Die Unfreundlichkeit der Kommentierung in den LN wird später geändert, wenn die Nachhaltigkeit ihres wirklich erfreulichen Change von Dauer sein sollte. Immerhin wird das jahrelange “Sog.” seit dem die Ampel- Fortschrittskoalition steht nicht mehr eingesetzt.

Warum erst 2001 ???

(16.08.2017: nach 16 Jahren, obwohl einige Namen andere sind, noch immer aktuell. Damals präsentierten die Sog.Grünen ihr neues Parteiprogramm, das 15.-17-03.2002 beschlossen wurde und noch heute gültig ist)

Hinter neo-grünen Verkündungen stehen konkrete Menschen wie Du und ich; Leute die seit Jahren im Geschäft sind. Schade, dass der neue Programmentwurf nicht bereits 1990 geschrieben wurde. Mancher Husten deutscher Politik wäre ausgefallen. Ob das neue Programm besser wird als das alte, kann nur spätere Praxis erweisen. Tatsache ist, dass auch das “neue” Programm manch wirrer Vorstellung und manchem Patentrezept der ergrauten 68er den Weg in reale Politik weist. Und da die selben Leute das Ruder in der Hand halten, ist ohnehin zu fragen: Warum sollten die sich heute anders verhalten als früher? Weil neues Papier wohlklingend-vage beschrieben wurde? Die Aussage, “man” sei jetzt Reform- statt Protestpartei, reicht als Begründung für den Meinungswandel nicht aus. Warum sollte gegen bestimmte Zustände in Deutschland nicht (mehr) protestiert werden? Weil man sich schämt? Weil es nicht zweckmäßig ist? Weil die Bussi-Bussi-Gesellschaft 2001 daran Anstößiges findet? War Protestieren denn früher unzweckmäßig? Fragen und Fragen über Fragen: Wie vertragen sich Besserwisserei und Bevormundung mit verkündeter Selbstbestimmung? Wieviel Wohlstand soll für den “Grundwert”  “Ökologie” aufgewendet werden? Akzeptieren dies etwa die Gewerkschaften?

Rosa Schweinchen streicheln (s. PM von Gudrun Kopp MdB, FDP am 12.07.01) - AA-schützend in Papier gehalten - sind als Beweis von Kompetenz und Glaubwürdigkeit definitiv zu wenig.

Das Grüne Grundproblem ist das Auseinanderfallen von Eigen- und Fremdbild. So entwerfe die Partei neue Leitbilder, etwa das ökologische Denken (Seite 9, Abs. 2 u. 3). Das Thema war aber bereits lange vor 1980 marktgängig, hatte es doch die FDP bereits 1972, einschließlich Verursacherprinzip, extensiv in das Parteiprogramm übernommen. Da nun in diesen Jahren das Bewusstsein sich erst entwickelte, gab es wenig politischen Fortschritt dazu. So ist eben ganz einfach wahr, dass die bereits sterbende sozialistische Bewegung von 1968 quasi in letzter Minute ihre Protesthaltung mit dem Thema Natur ergänzte und sich in Verbindung mit sozialistischer Establishment-Kritik (“Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch” oder “Deutschland halt’s Maul”) nur deswegen weiter am Leben hielt. Da um 1978-80 nur Außenseiter Sozialismus wollten, wurde der Widerstand auch gegen die Ziele der FDP in Verbindung mit der Empfindung von drohendem Wohlstandsverlust potenziert. Fazit: Ohne Grüne wären wir in der Frage des Erhalts unserer Lebensgrundlage - inzwischen eindimensional, schäd- lich und verkürzt im Begriff Umweltschutz verpackt - garantiert weiter. Diese Umstände können weder Fr. Roth, noch Fr. Künast, Hrn. Fischer (Startbahn- West), noch Fr. Lomba, Fr. Kurth, Hrn. Bütikofer, noch Fr. Eichstädt-Bohlig oder Hrn. Stiller unbekannt sein.

Das Thomas-Dehler-Haus, die Parteizentrale der FDP liefert zum Neuen Programm unter anderem folgende Überlegungen: “Es werden weniger neue Vorstellungen entwickelt, als  frühere Ziele im Lichte der Kritik neu dargestellt. Erkennbar ist der Versuch, alte Strömungen einzubinden und trotzdem als moderne Partei zu erscheinen. Daher ist der Entwurf reaktiv und noch immer auf die Ökologie fixiert. Neue Visionen sind nicht zu erkennen. Die Grünen versuchen (a) zu kompensieren, dass ihnen das Etikett der „Gewaltfreiheit“ durch andere außenpolitische Vorstellungen ab- handen gekommen ist und (b) eine Balance zwischen den Leitbildern der anderen politischen Strömungen wie Freiheit, Gerechtigkeit und Wertkonservativismus; die Definition der eigenen Vorstellungen erfolgt daher in Abgrenzung zu diesen.”

Den Grünen gelingt es damit nicht, ihre in der Regierungsrealität verloren gegangenen Wurzeln durch aktualisierte Visionen zu ersetzen. Der Entwurf bleibt zwischen Grundsatzprogramm und konkretem Wahlprogramm auf halber Strecke stehen. Zu Prozesspolitik sind unsere 68er nämlich “verschlossener als eine Auster”. Denn dass Visionen alleine nicht tragen, räumen die Grünen durch die Schlüsselprojekte sogar selber ein.

Der Programmentwurf ist kein eigenständiger Politikentwurf. Am passt die Losung:

   Garantiert 100 % sozialistisch - Wählt Grün  

Der neue Text von 2001 Nacht schwafelt auch viel gekonnter als der alte. Das Deutsch ist durchaus besser; sogar die Formatierung des Textes wurde optimiert. Sollen sie ihren Text beschließen; niemand als sie selber werden sich damit blamieren. Das Handelsblatt vom
17.7.01 zitiert Guido Westerwelle, damals FDP-Vorsitzender: Das “neue” Programm sei wegen sehr viel heißer Luft umweltschädlich. Volltreffer.

Jedenfalls ist ein offener Brief an den derzeitigen Bundeskanzler und SPD-Vorsitzenden nun doch fällig:

Köln, den 14. August 2001, d.h., ca. 13,5 Monate vor der BT-Wahl in 2002

Lieba Herr Schröda,

beiliegend erhalten Sie die o.a. Analyse zum Neuen Programm der Grünen. Angesichts der vielen Ihnen zugedachten Prädikate (Genosse der Bosse, Medienliebling, u.ä.) sollten Sie bei den Grünen 5 Leute herauskaufen, dann bricht deren Laden zusammen und Sie können der SPD den Rest ganz einverleiben.

Aber sicher ist: Sie trauen sich nicht. Und Sie werden wissen warum. Damit sind Sie nun allerdings unmittelbar verantwortlich dafür, dass ein Teil des politischen Deutschland weiter das Geschäft mit der Angst betreibt und so unfassbar schwafelt, wie das im Neuen Programm geschieht. Hierbei ist zuzugeben, dass ein beachtlicher Teil Ihrer Partei den Schwafelstil der Grünen inzwischen recht gut nachahmt. Oder wollen Sie behaupten, dass die derzeitige Bildungs-, Kultur-, Aufbau-Ost- oder Gesundheitspolitik mit sozialdemokratischem Verständnis viel Gemeinsames hat? Aber das ist natürlich nicht mein, sondern Ihr Problem.

À propos: Da wir inzwischen den größten Teil des angekündigten Modernisierungsschubes “wohl hinter uns haben”, wollte ich, da Sie sich vor einigen Monaten doch so furchtbar über den Schuldenstand der Bürgerkassen aufgeregt haben, noch schnell fragen. Wie sind Sie eigentlich mit dem „Schuldenabbau“ vorangekommen? Oder müssen “wir” neben der schlechten Börse auch noch die Nachricht verkraften, dass Ihnen die 1,5 Billionen von 1998 inzwischen ganz gut in den Kram passen? Was ist eigentlich aus den 0,1 Billionen vom UMTS- Deal geworden? Konnten die denn zum Schuldenabbau genutzt werden? Sie erkennen sicher: Nachdem wir das Neue Programm mal schnell lesen konnten, sind wir wieder sehr schnell von den großen Themen unserer Zeit eingeholt worden.

Ergebenst, Bernardo Trier
 

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