29.03.17, 14:00
Das liberale Menschenbild im sozialen Kontext
Der Bestand des liberalen Menschenbildes setzt voraus, dass
jeder Einzelne “sein” Menschenbild (auch) als das des je Anderen akzeptiert, schützt und fördert. Das liberale Menschenbild muss durch Reflexibilität gekennzeichnet sein.
Das ist kein neuer Gedanke, denn “ ... den Nächsten wie
Dich selber”, wurde nach herrschender Meinung bereits von Jesus Christus in Stein gemeißelt. Über den Ursprung, die Quelle des Menschenbildes wurde schon immer nachgedacht.
Es trägt das “... Wie-Dich-Selber”, zwar nicht das Merkmal reflexiven Nachdenkens, beruht aber immerhin auf spiegelbildlicher, eben unreflektierter
Gegenseitigkeit und impliziert (schließt ein), bejahend, das andernfalls vernichtbare “Ich”. Die Aussage war also ein Fortschritt.
Dass es mit der Umsetzung des “ ... den Nächsten wie Dich
selber” seit eh und je hapert, wird allgemein - mit Achselzucken - leider akzeptiert; dies ist vermutlich auf die verabsolutierte Aussage zurückzuführen, denn “ ... wie
(im Sinne von “genau so”) Dich selbst” ist ein unerreichbarer Idealtypus, der real projiziert, große Unredlichkeit jedermann tagtäglich vor Augen führen muss. Die politischen Konsequenzen sind bekannt. Kann diesbezüglich nachgebessert werden? Formal durchaus. Real? “...
wie
Dich selber” ist letztendlich extrem und negiert, konsequent, also unreflektiert angewendet bei genauem Hinsehen sogar den angeborenen Überlebensinstinkt des Menschen, negiert damit letztlich doch die Qualität der Menschenwürde.
Da die Wertigkeit der menschlichen Individuen nicht
unterschiedlich sein kann, gilt für jedermann die gleiche Qualität von Würde, Autonomie und Meinungs-/Redefreiheit.
Mit der Aussage “meine Freiheit muss mit der des Anderen kompatibel sein”, sprachlich um Vieles eindeutiger, kommen wir ein Stück weiter, denn Reflexivität (kompatibel =
verträglich) wird der Gestalt und der Beurteilung (zwischen-)menschlicher Beziehungen zusätzlich zu Grunde gelegt. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn dem Menschenbild wie ausgeführt trotz der unverzichtbaren Rechtsordnung
(Gesellschaftsvertrag) auch Selbstbestimmung des Einzelnen akzeptiert und gefördert wird.
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