13.09.17
Das Menschenbild wird durch Pragmatismus abgerundet
während die Einen mit den Anderen den ontologischen Streit austragen.
Praktische Konsequenzen, Beispiele.
- Meine Freiheit
muss mit der des Anderen kompatibel sein? Immer. Dann bleiben beide Beziehungspartner (zunächst untereinander) autonom.
- Die Schwächsten vor Untergang
schützen? Immer. Bereits (unmittelbar) vor dem Untergang ist der Einzelne nicht autonom; und wenn der Schwächste gar untergeht, ist ein anderer der Schwächste und wenn auch der auch untergeht ... gehen letztlich alle unter. Schutz der Schwächsten ist Selbstschutz der Gesamtheit, also dem Überlebensinstinkt jedes Einzelnen geschuldet.
- Die Gretchenfrage: Autonomie von Handlung, Tat
? Immer. Es kann keine vorauseilende “Sicherungshaft” geben; verabredet angedrohte Sanktionen rauben die Autonomie des Handelns nicht, denn es gilt der Imperativ nach Kant.
- Prävention? Immer. Der
Einzelne soll die Rechtsordnung kennen; Autonomie wird dadurch nicht eingeschränkt. Der Imperativ nach Kant ist wirksam. Das Befassen mit dem Anderen stärkt sogar das 1. Prinzip (s.o.).
- Die Unversehrtheit
des Anderen beeinträchtigen? Nie. Autonomie wäre zumindest beeinträchtigt.
- Dem Einzelnen das Gewissen enteignen
? Nie. Weil Verlust der Autonomie die unvermeidliche Konsequenz wäre. Das Gewissen des je Anderen ist immer tabu.
- Präventive Gewissenserforschung
? Nie. Der Einzelne hat (doch noch gar) nicht entschieden.
- Gewissenserforschung?
Nie, denn das Gewissen ist nur dann frei, wenn die Gedanken unbekannt bleiben. Andernfalls steht das Gewissen zur Disposition eines Anderen. Etwa, seinem Gefühl folgend, die Autonomie religiös zu glauben oder auch nicht.
- Dem Nächsten den Gottesglauben
mit rationalen Argumenten rauben? Nie. Gefühle
sind die Grundlage für Autonomie. Gefühle zu verletzen, gar zu zerstören, ist bei dem Gebot der Menschenwürde (aus Glauben oder aus Logik) zu beachten, neben Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit, (vermutlich?) der schwerste denkbare Missgriff. Dies begründet weitergehend warum das Gewissen des je Anderen unter dem Tabu-Schutz steht.
- Autonomie ist die des Gewissens
, der Meinung und des Eigentums? Immer. Der Einzelne wäre andernfalls nicht handlungsfähig, d.h., nicht autonom im Handeln. Hinweis: Wie
der Gewinn aus gemeinsamer (i.S. von “mit Anderen”) wirtschaftlicher Tätigkeit in Eigentum übergeht, ist nur “nahe” dem jeweiligen Extremfall (0% / 100%) ein Thema von Menschenwürde.
- Und Folter? Nie.
Autonomie, erst dadurch ist Integrität (Unversehrtheit) gewährleistet. Nicht einmal Wahrheit wird dadurch gewonnen. Was im übrigen ist Wahrheit?
- Kooperation? Immer.
Andernfalls wären Fauna, sogar Flora inexistent. Kooperation setzt Freiheit des Einzelnen voraus.
- Ausbeutung?
Nie. Weder der Reiche den Schwachen, noch Schwache den Reichen. Kooperation wäre zerstört und Autonomie nicht darstellbar.
- Demokratie
? Immer. Rechtsordnung (der Gesellschaftsvertrag) ist Sache aller.
Fazit und prozesspolitische Konsequenzen
Erst die Klarheit über den Zusammenhang der in der Aufzählung fettgedruckten
Begriffe/Konzepte ist, bei Beachtung der Menschenwürde, die Voraussetzung für die Fortschreibung der jeweils bestehenden Rechtsordnung (1). Dies hat zur Folge, dass
Sätze wie “die Verfassung schreibt Menschenwürde vor”, “die verfassungsmäßige
Autonomie des Menschen ...”, “das in der Verfassung
festgelegte Recht der Meinungsfreiheit ... “ und viele andere mehr, im Sinne von “falsch” schlicht “unzulässig” sind. Denn Menschenwürde, Autonomie und Meinungsfreiheit stehen fest, bevor die (unverzichtbare) Staatsverfassung “konzipiert” wurde oder in Gegenwart bzw. Zukunft fortgeschrieben wird. Ob Menschenwürde göttlichen oder logischen Ursprungs ist, muss nicht entschieden werden, weil beide Ausgangspunkte zum gleichen Ergebnis führen.
Ohne Frage ist es nicht nötig, dass jedermann “das Menschenbild” wie ein Banner vor sich her trägt. Es gibt aber zahllose Entscheidungen, im Grenzfall, bei denen präzise Klarheit über ein
Menschenbild absolut unverzichtbar sind. Wertepolitik kann nicht widerspruchsfrei formuliert werden. Diese Widersprüche sollten minimiert werden; zumindest sollte aber das Ausmaß der konkreten Widersprüche so genau wie irgend möglich bewusst (gemacht) sein.
-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- (1)
Es macht keinen Sinn, über die Neugründung einer Rechtsordnung nachzudenken)
|