L i b e r a l e N o t i z e n
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Rede Jetzt
bieten sich neue Chancen!
Christian Lindner, 06.01.2019 Verehrte
Damen, meine Herren, liebe Gäste! Schön, dass Sie alle wieder hier sind! Ich bin geradezu erleichtert, wenn man an das vergangene Jahr denkt, neue Heißzeit und Klimakrise, die drohende Migrationswelle wegen des UN-Flüchtlingspakts, Plastikkrise, die toxische Luft in den Innenstädten, Sie haben das alles überlebt. Wenigstens ist uns zu Silvester noch das Bleigießen erspart worden - endlich verboten. Man fragt sich, wie haben unsere Vorfahren 2.000 Jahre diesen Brauch überleben können, meine Damen und Herren. Gott sei Dank zu Ende. ((Applaus)) Ich wünsche
Ihnen und Ihren Familien alles Gute für das neue Jahr, uns allen wünsche ich
aber etwas weniger Alarmismus in den politischen
Debatten und etwas mehr kühlen Kopf, es täte unserem Land gut, und den Problemlösungen.
((Applaus)) Schauen wir
kurz zurück auf das vergangene Jahr. Es war ein herausforderndes, aber
erfolgreiches Jahr für die Freien Demokraten. In Bayern und in Hessen sind
wir gestärkt und überhaupt erst wieder in die Landtage eingezogen und deshalb
freue ich mich sehr, die Wahlsieger René Rock und Martin Hagen hier begrüßen
zu können, herzlichen Glückwunsch zu eurem Erfolg! ((Applaus)) Wir schauen
zurück auf ein Jahr parlamentarische Arbeit wieder im Deutschen Bundestag.
Wir sind 80 Abgeordnete, und jetzt entwickeln die Kolleginnen und Kollegen
ihr fachliches Profil. Langsam zeigt sich das auch in der Öffentlichkeit, in
der medialen Verbreiterung unserer Köpfe. Und ich sage Ihnen, das ist nach
einem Jahr erst der Anfang. Wir sind die digitalste
Fraktion im Deutschen Bundestag. Wir arbeiten im Intranet, am Tablet, alle gemeinsam miteinander. Jeden Dienstag in der
Sitzungswoche kann man das sehen. Bei unseren Nachbarn von Bündnis 90/Die
Grünen werden mit den Schubkarren kiloweise Papiertischvorlagen reingefahren,
die betrachten sich offenbar noch als Teil der holzverarbeitenden Industrie.
Wir sind weiter. ((Applaus)) Aber ein Jahr
zurückblickend auf das Jahr 2018 muss man auch konstatieren, hat sich der
Deutsche Bundestag und die Tonalität unserer Debatten verändert. Das hat
etwas zu tun mit der AfD und ihren Parolen und
Versuchen, Aufmerksamkeit zu erzielen durch Tabubrüche, Provokation. Aber es
hat auch etwas damit zu tun, wie das demokratische Zentrum unserer
politischen Kultur auf diese Herausforderung antwortet. Zum Beispiel Martin
Schulz - er ist wieder da. Wer in Parlamentsdebatten der AfD-Fraktion
entgegen ruft, sie gehöre auf den „Misthaufen der Geschichte“ oder ein
anderer Kollege, der sagt, „Rassismus macht hässlich, schaut in den Spiegel“.
Verehrte Anwesende, meine Damen und Herren, man macht die AfD
nicht klein, indem man sich auf ihr Niveau herab begibt, Demokratie hat auch
etwas mit Stil zu tun. ((Applaus)) Harte
Auseinandersetzungen in der Sache, aber eben mit dem Stil, den wir von der
Auseinandersetzung in Parlamenten erwarten. Jetzt am Beginn dieses Jahres
schaue ich mit Optimismus auf die nächsten Meilensteine, die wir passieren
wollen. Auf die Europawahl mit Nicola Beer, auf die Wahl in Bremen mit
unserer Spitzenkandidatin Lencke Steiner, auf die
Wahlen in Brandenburg, mit unseren Freunden um Axel Graf Bülow. Thüringen mit
Thomas Kemmerich an der Spitze und in Sachsen mit unserem Freund Holger Zastrow. Ist alles kein einfaches Pflaster, aber ich bin
optimistisch, wenn ich auf den Zustand der FDP zu Beginn dieses Jahres 2019
schaue. Wir kennen auch andere Zeiten. Hier vorne sehe ich meinen
Vor-Vor-Vorgänger Wolfgang Gerhardt, der am 31.12. sein 75. Lebensjahr
vollendet hat. ((Applaus)) Man muss gar
nicht ihn fragen, ich selber erinnere, wir alle erinnern, andere Zeiten. Man
liest jetzt die eine oder andere kritische Betrachtung über die FDP.
Ich nehme das mit Aufmerksamkeit wahr, man kann und muss sich immer um
Besseres bemühen. Aber das Wahljahr 2017 haben wir mit der ersten Umfrage im
Jahr mit sechs Prozent begonnen. Die erste Umfrage des Jahres 2019, vor
diesem Dreikönigstreffen, waren zehn Prozent. ((Applaus)) Jetzt
schreibt die Tageszeitung „Die Welt“ in einem Essay etwas in der Überschrift
von „die Krise der Liberalen“. Und ich hab mir vorgestellt, im Himmel, Walter
Scheel, Hans-Dietrich Genscher, Otto Graf Lambsdorff und Guido Westerwelle,
die haben das gelesen und die wünschen sich, dass diese Krise der FDP
möglichst lange anhalten möge. ((Applaus)) Mein erstes
Interview im Jahr 2019 hab ich dem „Spiegel“ gegeben. Da wurde ich zu Beginn
gefragt, was ich denn von Dinosauriern wüsste. Und da hab ich gedacht, okay,
jetzt geht’s um den Klimawandel. Ging es aber nicht. Es hieß nämlich, um mich
herum seien alle anderen Parteivorsitzenden, nahezu alle anderen
Parteivorsitzende seien ja ausgestorben, von Merkel bis Özdemir, ob ich mich
als letzter meiner Art fühlte. Vor der Bundestagswahl kam kein Porträt von
mir aus mit dem Zitat des angeblichen Spitznamens „Bambi“. Innerhalb eines
Jahres vom Bambi zum Dinosaurier, das gibt’s wirklich nur in der Politik.
((Applaus)) Aber Spaß bei
Seite, es sind ja Dinge tatsächlich ins Rollen gekommen. Es gibt
Kursdebatten, es gibt personelle Erneuerung seit dem Herbst 2017. Ich will
nicht so vermessen sein zu sagen, dass wir das alles angestoßen haben. Es war
ja bereits vorher sichtbar. Die Auseinandersetzung zwischen Frau Merkel etwa
und Herrn Seehofer, das war ja vorher zu sehen und zu spüren. Wir haben diese
Veränderungsprozesse nicht allein angestoßen, aber wir haben sie beschleunigt
und allein dafür lohnt es sich, manche Kritik in Kauf zu nehmen, meine Damen
und Herren. ((Applaus)) Alleine dafür! Jetzt bieten
sich ja auch neue Chancen. Es gibt eine Phase der Unsicherheit, aber am Ende
stehen auch neue Konstellationen. Wir sind in einer Art Zwischenzeit. Die Ära
Merkel geht zu Ende. Jeder weiß das. Sie selbst auch. Wir haben uns lange an
ihr gerieben, an ihren Entscheidungen. Das geht jetzt zu Ende. Das ist
dereinst eine Frage von Historikern, diese Amtszeit zu beurteilen. Ich kann
nur sagen, ich zolle Frau Merkel als Persönlichkeit Respekt. ((Applaus)) Aber jetzt
schauen wir nach vorn. Noch ist sie Inhaberin der Richtlinienkompetenz, noch
ist sie die Regierungschefin. Und da stellt sich die Frage, was passiert
jetzt in dieser Zwischenphase und was passiert danach, welche Impulse haben
wir zu erwarten? Und da hab ich etwas Interessantes gefunden. In der
„Bild“-Zeitung vom 31.12. stand, ich zitiere: „Merkel stellt weiteren Koch im
Kanzleramt an. Die Aufgaben haben zugenommen, sagte ein Regierungssprecher,
demnach gibt es mehr Empfänge und festliche Essen in der Regierungszentrale.“
Ich gönne wirklich jedem sein leibliches Wohl. Statt aber auf die guten alten
Zeiten anzustoßen, müssten die guten neuen Zeiten gestaltet werden, meine
Damen und Herren, das erwarten wir von Politik. ((Applaus)) Was an der
Spitze der Unionsparteien richtig ist, nämlich ein neues Kapitel
aufzuschlagen, das kann an der Spitze des Staates nicht falsch sein und zwar
besser heute als morgen, Deutschland braucht einen neuen Aufbruch und keine
Zwischenphase, in der nichts mehr entschieden und gestaltet wird. ((Applaus)) Auf uns muss
dabei niemand warten. Keinem laufen wir hinterher, aber wir laufen auch eben
nicht weg. Wer uns ein faires Angebot zur Erneuerung des Landes macht, der
kann zu jeder Zeit damit rechnen, dass wir bereit sind, Verantwortung für
dieses Land zu übernehmen, meine Damen und Herren. Zu jeder Zeit. ((Applaus)) Unverändert
wie seit 2017 sind das Fragen der politischen Grundposition,
der Inhalte des Kurses. Die Personalentscheidung an der Spitze von Parteien
sagt ja auch etwas aus über Kursfragen und Prioritäten. Friedrich Merz hat
dazu aufgerufen, seine Partei möge die Auseinandersetzung mit SPD und Grünen
wieder aufnehmen. Er hat gemahnt, in Deutschland müsse endlich das
Erwirtschaften des Wohlstands wieder wichtiger werden als das Verteilen. Er
hat eine Agenda für die Fleißigen ins Gespräch gebracht. Die CDU hat sich
dagegen entschieden. Das sagt etwas über die Union aus. Wenn die das nicht
wollen, dann werden eben wir als Freie Demokraten es genau so handhaben,
meine Damen und Herren. Das ist unsere Aufgabe. ((Applaus)) Ich schätze
Friedrich Merz übrigens, aber er ist auch so etwas geworden wie eine
Projektionsfläche und Beleg für eine Sehnsucht nach gefühlter
marktwirtschaftlicher Kompetenz. Es geht ja inzwischen soweit,
dass ich gelesen habe, hier in Baden-Württemberg liebäugele
die Union damit, ihn zum Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl zu
machen. Stand ja hier in der Zeitung. Nach dem Motto: Friedrich Merz kann
alles außer Schwäbisch. Sagt auch was aus. ((Applaus)) Sagt auch
etwas aus, wenn im Exportland Baden-Württemberg die CDU den Spitzenkandidaten
importieren muss. Aber gut, das ist deren Sache. Nicht jede Äußerung von
Friedrich Merz war weise. Aber die Art, wie auf ihn reagiert worden ist,
während und nach seiner Kandidatur, in der Öffentlichkeit und auch seiner
Partei, sagt etwas über die Stimmung in unserem Land aus. Man muss kein
Einkommensmillionär sein, um etwas von Wirtschaft zu verstehen. Im
Umkehrschluss ist das Fehlen jeglicher Berufserfahrung und jeglicher
beruflicher Qualifikation aber auch kein Kompetenzausweis in der Politik,
meine Damen und Herren. ((Applaus)) Friedrich
Merz ist bei seiner Agenda für die Fleißigen unkonkret geblieben. Machen wir
es konkret. Er hat übrigens auch nicht genau gesagt, wen er ansprechen will.
Vielleicht diejenigen nur, die er gehobene Mittelschicht nennt. Wir
jedenfalls wollen eine Agenda für die Fleißigen, die für die breite Mitte
unseres Landes von Vorteil ist, für die vielen Millionen Fleißigen, denn wir
wissen, der Fleiß der vielen Millionen in der Summe macht die Stärke unseres
Landes aus und in genau diese wollen wir zukünftig wieder stärker
investieren. ((Applaus)) Wen meinen
wir? Erstens die Rentnerin mit geringen Alterseinkünften, die in der
Grundsicherung ist. Die aber trotzdem vielleicht aber viele Jahrzehnte
gespart hat, und eine kleine private Altersvorsorgung
hat, all das, was sie daraus an Einkünften hat, wird ihr auf die
Grundsicherung angerechnet und das muss sich ändern, es muss einen
Unterschied machen, welche Lebensleistung man hat. Die meinen wir.
((Applaus)) Zweitens, wir
meinen die Seniorin, die eine Teilrente bezieht und daneben arbeiten geht. Am
Ende des Monats stellt sie fest, wie viel ihres erarbeiteten Einkommens auf
die Teilrente angerechnet wird, dann wird ihr seitens der Behörde gesagt,
warum arbeiten Sie überhaupt, es lohnt sich nicht, gehen Sie doch nach Hause.
In Zeiten des Fachkräftemangels die nach Hause zu schicken, die motiviert
sind, noch weiter zu arbeiten, kann sich dieses Land nicht erlauben und
deshalb flexibilisieren wir den Renteneintritt. ((Applaus)) Drittens: Mit
unserer Agenda für die Fleißigen meinen wir drittens den Hartz-IV-Empfänger,
der neben seiner Transferleistung noch arbeitet und der am Monatsende
feststellt, wie wenig ihm davon bleibt. Und wird ihm angeboten, eine Stunde
länger zu arbeiten, wird er möglicherweise mit dem Phänomen konfrontiert,
dass er am Ende des Monats weniger an Einkommen hat, als wenn er kürzer
gearbeitet hätte. Mehr arbeiten und weniger Einkommen zu haben, das ist die
Perversion der Leistungsgerechtigkeit und muss deshalb korrigiert werden.
((Applaus)) Viertens, ich
denke an die Minijobber, Studierende, Rentnerinnen und Rentner,
Arbeitslosengeld-II-Empfänger, wer auch immer, Berufstätige, die schneller
sich einen Traum erfüllen wollen. Die arbeiten. Und wenn der Mindestlohn
erhöht wird, weil man den Menschen etwas Gutes tun will, dann haben sie davon
nicht ein höheres Einkommen, sondern sie dürfen nur weniger lang arbeiten,
weil die 450-Euro-Grenze bestehen bleibt. Unser Sozialstaat ist für viele
Menschen, für viele fleißige Menschen, zu einem Hamsterrad geworden, in dem
sie sich immer schneller bewegen können, ohne einen Zentimeter voranzukommen,
und das muss sich ändern, in dem die Minijobgrenze dynamisiert wird.
((Applaus)) Fünftens, ich
denke an die Geringverdiener, für die weniger die Steuer, aber auch nicht die
Höhe der Sozialleistungen entscheidend ist, sondern für die ist entscheidend
die Höhe der Sozialabgaben. Arbeitslosenversicherungsbeitrag runter,
Pflegeversicherung rauf, Rente bleibt wegen der Politik der Großen Koalition
im Beitrag stabil, mit der Tendenz, im nächsten Jahrzehnt zu steigen. Das
geht voll zu Lasten auch derjenigen, die zum Beispiel den Mindestlohn nur
verdienen. Und deshalb ist es unsere Verantwortung, die Lohnzusatzkosten
deutlich und dauerhaft wieder unter 40 Prozent zu bringen, es gibt nämlich im
Sozialstaat auch eine Verantwortung für diejenigen, die ihn bezahlen müssen.
((Applaus)) Sechstens,
ich denke an die Sparer und Häuslebauer. Der Sparerfreibetrag ist seit 2009
nicht erhöht worden. Wer ein Wertpapier über Jahre hält, zur Vorsorge, der
zahlt den gleichen Steuersatz wie ein Spekulant und immer noch wirft der
Staat mit der Grunderwerbssteuer den Menschen Knüppel zwischen die Beine, die
mit Sparsamkeit und Fleiß jahrzehntelang eine Hypothek tilgen, damit sie im
Alter mietfrei wohnen. Das wollen wir verändern, es muss einen Unterschied
machen, ob die Menschen etwas vorsorgen wollen oder ob sie nicht vorsorgen
wollen. Das muss der Staat fördern. ((Applaus)) Und der
siebte und letzte Punkt unserer Agenda für die Fleißigen, das ist das
Steuerrecht selbst. Der Solidaritätszuschlag muss zum 1.1.2020 entfallen,
weil dann die Finanzierung des Solidarpakts II für Ostdeutschland
abgeschlossen ist. Wir sind inzwischen einem harten internationalen
Steuerwettbewerb, aus diesem Grund sage ich in klar und offensiv,
selbstverständlich profitieren auch Mitteltand und Wirtschaft von der
Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Warum auch nicht? Weil ohne das werden
wir in Kürze das Land sein, mit der nächsten Steuerbelastung weltweit.
Inzwischen erkennt das sogar der Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der
ausweislich von Medienberichten für den Fall einer Rezession breitflächige Steuerentlastungen plant, um Investitionen
zu erleichtern. Ich frage ihn, Herr Scholz, wenn Sie an die
wachstumsfördernde Wirkung von Steuerentlastungen glauben, warum warten wir
auf eine Rezession? Verhindern wir doch eine Rezession. ((Applaus)) Ganz
besondere Marke ist aber wieder mal die CDU, während der schon genannten
Jamaika-Sondierungen haben sich Peter Altmaier und
andere hinter Zahlen versteckt. War nicht ganz einfach. Weil der Haushalt so
ist, wie er ist. Nicht, was ihr jetzt wieder denkt. Und jetzt verstecken sie
sich hinter der SPD. Sie haben unsere Forderung übernommen, der Soli soll für
alle und in dieser Legislaturperiode entfallen, aber leider, leider geht er
jetzt nicht, weil die Sozialdemokraten es nicht wollen. Ich kann dazu nur
sagen, wer den Mund spitzt, der muss auch pfeifen. Als es möglich war mit
uns, wollte die CDU nicht, also steht sie jetzt in der Verantwortung, mit der
SPD genau dieses Vorhaben umzusetzen, wir sind gespannt, wie sie das
bewerkstelligen. Ich bin gespannt! ((Applaus)) Meine Damen
und Herren, das ist unsere Agenda für die Fleißigen. Und sie markiert
zugleich einen für jeden sichtbaren Unterschied zu unseren geschätzten
Mitbewerbern von Bündnis 90/Die Grünen. Deren Vorsitzender Robert Habeck hat ja ein Garantieeinkommen vorgeschlagen. Für
dessen Finanzierung will er lumpige 30 Milliarden Euro die Steuern erhöhen im
Weltmeisterland der Steuerbelastung noch oben drauf. Das ist
ein Verarmungsprogramm und ein Programm zur Strangulierung aller privaten
Investitionen. Vor allen Dingen ist es aber ungerecht, denn er will dieses
Geld denjenigen geben, die auch angebotene Arbeit oder Bildung ablehnen, weil
sie sich anderem widmen wollen. Wie wirkt das auf denjenigen, der für 1.800
Euro brutto arbeiten geht, sich morgens aus dem Bett quält und wenn er am
späten Nachmittag nach Hause kommt, kann er seinen Nachbarn beobachten, der
sich der Hegel-Lektüre hingibt. Ich halte das für ungerecht und unsozial,
denn Solidarität setzt Bedürftigkeit voraus. Und auf der anderen Seite ist
Solidarität eben keine Einbahnstraße, Solidarität setzt voraus, dass
diejenigen, die sie in Anspruch nehmen, sich darum bemühen, durch Arbeit oder
Bildung schnellstmöglich wieder in die Eigenverantwortung zurückzukehren. Das
ist unser Bild zumindest. ((Applaus)) Die CDU hat
sich dann für Annegret Kramp-Karrenbauer entschieden. Manche haben gesagt,
das sei eine Mini-Merkel. Ich halte das für einen machohaften Spruch. Bei
einem Mann würde man das so nicht sagen. Und deshalb im Jahr 2019 sollte es
spätestens soweit sein zu erkennen, dass mit solchen Mini- oder Maxi- oder
Wie-auch-immer-Formulierungen einmal Schluss ist. Es stimmt übrigens auch gar
nicht. Frau Kramp-Karrenbauer ist keine Mini-Merkel. Sie hat ein sichtbares
eigenes Profil. Zum Beispiel sind die Archive voll von Forderungen nach
Steuererhöhungen oder rigider Eingriffe in die Vertragsfreiheit in Wirtschaft
und Gesellschaft. Und auch in der Gesellschaftspolitik ist sie kein
unbeschriebenes Blatt. Viele sehr konservative Forderungen sind von ihr
überliefert. Sie hat die „Ehe für alle“, ohne dass jemals bis heute
dementiert zu haben, sie hat die „Ehe für alle“ in einem Satz genannt mit
Inzest und Polygamie. Das ist nicht konservativ, das ist
sogar reaktionär, meine Damen und Herren. ((Applaus)) Sie ist kein
unbeschriebenes Blatt, entlarvend war die Forderung nach einem sozialen
Pflichtjahr. Die Wehrpflicht einst war staatspolitisch begründet, jetzt soll
ein Pflichtjahr eingeführt werden, um junge Menschen zu erziehen und daran zu
erinnern, dass es Pflichten gibt. Da wird ein ganzes Lebensjahr
verstaatlicht. In Zeiten des Fachkräftemangels sollen junge Menschen ein Jahr
lang von Ausbildung und Beruf abgehalten werden. Das ist ökonomisch töricht.
Vor allen Dingen aber ist in einer liberalen Gesellschaft nicht der Staat für
die Charakterbildung zuständig, sondern Familien und Schulen. ((Applaus)) Das nenne ich
mal politisches Profil. Wir haben manches in der Vergangenheit an Frau Merkel
kritisiert. Eins aber nicht, Frau Merkel hat nolens volens die CDU in
gesellschaftspolitischer Hinsicht modernisiert. Und dass diese Rückabwicklung
die Konsequenz eines Generationenwechsels sein soll, will ich nicht einsehen.
((Applaus)) Im Gegenteil,
meine Damen und Herren, ganz im Gegenteil, ganz im Gegenteil, die Menschen
heute in unserem Land sind doch viel informierter, selbstbestimmter,
individueller als jemals zuvor. Unser Land ist doch vielfältiger. Die Wünsche
an die private Lebensführung, an die eigene Biografie unterscheiden sich doch
stärker denn je. Und deshalb ist nicht die Rückabwicklung gewonnener
Liberalität die Aufgabe, sondern im Gegenteil, ein neuer Aufbruch für mehr
Selbstbestimmung ist erforderlich, der Staat muss sich an den Wünschen der
Menschen orientieren, nicht die Menschen müssen sich an den Schablonen des
Staats orientieren. ((Applaus)) Und deshalb,
meine Damen und Herren, brauchten wir nicht nur eine Agenda für die Fleißigen
einerseits, sondern andererseits auch eine Agenda für Selbststimmung und
Liberalität. Die müsste beginnen erstens damit, dass der Paragraf 219a
Strafgesetzbuch entfällt. ((Applaus)) Da geht es
nicht wie in den Medien manchmal verkürzend dargestellt wird, um Werbung für
Abtreibung, es geht darum, dass Medizinerinnen und Mediziner darüber
informieren, dass sie einen legalen Schwangerschaftsabbruch durchführen
würden. Und deren Kriminalisierung muss beendet werden im Jahr 2019.
((Applaus)) Zweitens
wollen wir die „Ehe für alle“ nicht abwickeln oder relativieren, wir wollen
einen nächsten Schritt gehen. In Frankreich gibt es einen Zivilpakt,
unverheiratete Paare oder Senioren in Wohngemeinschaften können ihn
schließen. Können eine Verantwortungsgemeinschaft bilden, um zum Beispiel sich
gegenseitig von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, weil man
aufeinander aufpasst, weil man sich gegenseitig Hilfe anbietet. Es ist an der
Zeit, dass wir dieses Instrument, das die Verantwortungsübernahme
erleichtert, auch in Deutschland bekommen. Die Konservativen sagen, das sei
eine Relativierung der Ehe. Das gleiche Argument, das wir gehört haben, auch
bei der Ehe für homosexuelle Paare. Die Wahrheit ist, niemandem wird etwas
weggenommen, wenn man anderen erleichtert Verantwortung füreinander zu
übernehmen. ((Applaus)) Mein dritter
Punkt, wir wollen es erleichtern, dass sich Menschen ihren Kinderwunsch
erfüllen können. Kinderwunschbehandlungen setzen heute Ehe voraus. Ich werde
morgen 40 Jahre alt. Ja, es gibt ein Leben danach. Ich hoffe, ich hoffe. Was
ich sagen will, wäre ich eine Frau, würde die Krankversicherung heute noch
meine Kinderwunschbehandlung bezahlen, am morgigen Tag, mit 40 schon nicht
mehr. Ich finde, das sollten wir ändern. Entscheidend sollte nicht mehr das
Alter einer Frau im Pass sein, sondern ihr individueller Gesundheitszustand.
((Applaus)) Viertens, wir
machen uns stark für Bürgerrechte und das Recht auf Privatheit. Letzteres hab
ich in den letzten Tagen in besonderer Weise zu schätzen gelernt, bei aller
Zuneigung zu unmittelbarer Bürgernähe. Wie aber schützt unser Staat die
Privatheit in Zeiten von Hackerangriffen und Cyberterrorismus? Da wird
öffentlich gesagt, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
habe bereits vor Weihnachten Kenntnis von solchen Hackerangriffen gehabt,
aber nur wenige informiert. Tags drauf heißt es, nein, nein, ist eine Ente,
man habe doch nichts gewusst. Ich weiß nicht genau, was schlimmer ist. Eins
ist mir aber klar, wenn die Vereinigten Staaten 20 Milliarden investieren in
Cybersicherheit und Deutschland in einer zerklüfteten Behördenlandschaft, wo
keiner weiß, wer die Verantwortung trägt, nur 100 Millionen, dann stimmt
etwas nicht. Diese Herausforderung, geistiges Eigentum und Privatheit zu
schützen, gegen private Hacker oder gegenüber staatlichen Angriffen um unsere
Gesellschaft zu destabilisieren, das muss eine Prioritäten der Innenpolitik
in Deutschland werden. Muss! ((Applaus)) Deshalb
wenden wir uns gegen die Vorratsdatenspeicherung. Aus diesem Grund wollen wir
ein starkes Recht der Datensouveränität schaffen, damit wir unsere Privatheit
auch gegenüber den kommerziellen Datensammlern verteidigen können. Die
Datenschutzgrundverordnung war ein guter Gedanke. Sie ist in Deutschland aber
schlecht umgesetzt worden, denn vor der Datenschutzverordnung zittert in
Deutschland nicht Google oder Amazon, es zittert der ehrenamtliche
Vereinsvorsitzende, der Angst haben muss, von einem Anwalt abgemahnt zu
werden. Und das wollen wir ändern! ((Applaus)) Fünftens.
Mein fünfter Punkt, wir brauchen ein liberales Einwanderungsmanagement. Wir
müssen offener werden für Talente, die zu uns kommen wollen. Das ist nicht
nur eine Frage des Rechts. Stichwort Punktesystem nach kanadischem Vorbild.
Es ist auch eine Frage der Kultur. Wenn das Kreuz an der Behördenwand, wenn
religiöse Symbole, wenn der Heimatbegriff politisch instrumentalisiert wird,
dann ist das keine Einladung an Menschen, zu uns zu kommen. Im Gegenteil. Wir
müssen offen sein, wir müssen die Toleranz leben, müssen Vielfalt zeigen.
Dazu gehört es, klare Erwartungen an diejenigen zu richten, die zu uns kommen
wollen. Aber auch einen gangbaren Weg aufzeigen, wie man mit Leistung und
Respekt vor dem Zusammenleben in Deutschland Teil des großen Ganzen am Ende
werden kann. Beides gehört zusammen. ((Applaus)) Wir müssen
unser Recht konsequenter durchsetzen. Eine neue Debatte über
Gesetzesverschärfungen bei der Abschiebung bringt nichts. Denn es handelt
sich oft genug um Vollzugsdefizite. Ein leichter Schritt wäre es, wir würden
mehr Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären. Wenn fünf Prozent oder
weniger von Asylanträgen aus einem Land bewilligt werden, dann sind das nach
der Definition sichere Herkunftsländer. Bei den unter fünf Prozent der Fällen, wo eine individuelle Bedrohung vorliegt, kann auch
danach noch Schutz in unserem Land gewährt werden. Aber insgesamt wird das
Asylverfahren schneller, werden die Behörden entlastet, gelingt die
Rückführung stehenden Fußes. Inzwischen genügen 33 Staaten diesen
Anforderungen. Die Bundesregierung traut sich grade mal vier Staaten,
Maghreb-Staaten und Georgien, zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, und
nicht einmal das gelingt, weil die Grünen im Bundesrat dagegen ihr Veto
einlegen. Ich frage mich, wie viele Bälle will man den Rechtspopulisten
eigentlich noch zuspielen, dass die etablierten Parteien nicht in der Lage
sind, offensichtliche Probleme miteinander zu lösen. ((Applaus)) Es wäre
übrigens am Bundesinnenminister, daran etwas zu verändern. Der Widerstand der
Grünen mag ideologisch sein, aber er ist bekannt. Also muss er doch mit ihnen
sprechen, seit mehr als einem Jahr fordern wir, es möge in Deutschland
endlich eine Migrationskonferenz von Bund, Ländern und Gemeinden geben, damit
alle staatlichen Ebenen und alle Parteien an einem Tisch sind, um den Gordischen
Knoten zu durchschlagen. Herr Seehofer hat entweder nicht den Willen, das zu
machen, oder er hat nicht das Interesse, dieses Problem zu lösen und beides
ist bei dieser entscheidenden Frage der politischen Kultur inakzeptabel.
((Applaus)) Sechster
Punkt meiner Agenda für Selbstbestimmung. Wir wollen die Vielfalt der
Lebensentwürfe stärken und nicht in alte Rollenbilder zurück. Deshalb setzen
wir uns ein für qualitativ und quantitativ mehr Kinderbetreuung. In den
Landtagswahlkämpfen war das eines unserer entscheidenden Themen, in
Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz auch,
Schleswig-Holstein setzen wir es sogar in Ressortverantwortung teilweise um.
Wir wollen, dass Arbeitszeiten und Homeoffice-Lösungen
stärker in die Praxis kommen. Arbeitszeiten liberalisiert, flexibilisiert
werden können und Menschen entscheiden können, wo sie arbeiten wollen. Die
Bestimmungen zur Arbeitszeit und zum Arbeitsschutz, zur Arbeitsstätte, kommen
aus einer Periode, als der Staat die Menschen schützen wollte. Heute wirken
diese Bestimmungen nicht mehr schützend, sondern fesselnd für die Menschen,
die ihr Leben selbstbestimmt führen wollen. Und deshalb wollen wir es ändern.
((Applaus)) Viel zu sehr,
meine Damen und Herren, spielt heute die ethnische Herkunft oder das
Geschlecht noch eine Rolle bei Karrierechancen und Einkommen. Wir sind für
Ungleichheit in der Gesellschaft, wenn sie sich ergibt aus Talent und
Einsatzbereitschaft, Risikofreude, aus Lebensentscheidungen, aber wir haben
in Deutschland die Situation, dass bei gleicher Qualifikation, bei gleicher
Arbeit, bei gleicher Biografie, es beispielsweise zwischen Frauen und Männern
in Deutschland immer noch einen Gehaltsunterschied von sechs Prozent gibt.
Und das muss die Partei der Leistungsgerechtigkeit zum Thema machen, denn
wenn Qualifikation und Arbeitsplatz sich nicht unterscheiden, gibt es keinen
Grund, warum beim Einkommen zwischen den Geschlechtern unterschieden wird.
((Applaus)) Und siebtens,
für uns ist das gesellschaftspolitische Schlüsselthema die Bildungsfrage.
Viele befürchten einen Arbeitsplatzverlust in Deutschland durch die
Digitalisierung. Ich befürchte den nicht, die Arbeit wird uns nicht ausgehen.
Unsere Aufgabe ist, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass
die Zukunftsjobs nicht nur im Silicon Valley, Israel oder den Niederlanden
entstehen, sondern auch bei uns. Die Aufgabe, vor der wir stehen, ist, die
Menschen auch über das ganze Leben hin, vorzubereiten auf berufliche Wechsel.
Das muss gar nicht mit individuellen Härten verbunden sein, sondern im
Gegenteil, wer von einem vielleicht langweiligen und schlecht bezahlten Beruf
aufsteigen kann, in einen, der mehr Einkommen, mehr Selbstbestimmung und
Zufriedenheit verspricht, ist ein Aufstieg. Wir müssen lernen, dass Bildung
nicht mit der ersten Ausbildung zu Ende ist. Nicht nur für die Gesellschaft
ist das eine Lernaufgabe, das hat auch etwas zu tun mit der Veränderung der
politischen Rahmenbedingungen. Wenn wir ernst machen wollen mit dem
lebensbegleitenden Lernen, dann könnte ein erster Schritt sein, dass wir das
BAföG nicht nur vorsehen für die Erstausbildung, sondern dass man sein ganzes
Leben lang BAföG in Anspruch nehmen kann, wenn man in einer beruflichen
Auszeit sich freiwillig weiterqualifizieren will, der Staat muss vorangehen
bei Gesetzen und Programme bei der Förderung mit dem Leitbild des
lebensbegleitenden Lernens, meine Damen und Herren, also ein Midlife-BAföG. ((Applaus)) Also Midlife-BAföG statt Midlife-Crisis. Ich hab in der Vergangenheit, 2015 erinnere ich mich, beim
Dreikönigstreffen davon gesprochen, dass wir als Freie Demokraten weltbeste
Bildung zu unserem Mondfahrtprojekt machen wollen. Also zu dem Projekt, wo
wir die gesamte gesellschaftliche Kraft konzentrieren, um in die Weltspitze
zurückzukehren. Ich bin mit diesem Bild inzwischen vorsichtiger geworden,
Mondfahrtprojekt. Denn was ist in den vergangenen vier Jahren passiert?
Damals sprach ich vom Mondfahrtprojekt Bildung. Vier Jahre später sind die
Chinesen auf dem Mond und die überfälligere Form des Bildungsföderalismus
droht im Januar an Herrn Kretschmann zu scheitern. Das ist die Ausgangslage
in unserem Land. Dabei geht es nicht nur um die Digitalpakt, das ist der
Anlass, die Grundgesetzänderung, die wir mit der Großen Koalition im
Bundestag verhandelt haben, öffnet ein Tor. Ambitioniertere Regierungen
später werden nicht nur den Digitalpakt finanzieren können, sie werden
investieren können in die Qualität und Leistungsfähigkeit des Bildungssystems
insgesamt. Sie werden die mathematisch-naturwissenschaftlichen-technischen
Fächer stärken können, wenn sie es wollen. Sie werden die Förderung von
Kindern mit Migrationshintergrund verbessern können, sie werden die
berufliche Bildung stärken können, diese Reform, die wir im Bundestag
beschlossen haben, das ist ein erster Schritt dafür, dass unser
Bildungssystem zu einer gesamtstaatlichen Priorität wird, und deshalb darf
diese Chance nicht leichterfertig verspielt werden.
((Applaus)) So werden wir
auch verhandeln, da gibt’s Bedenken hinsichtlich der Konfiguration der
Finanzhilfen. Bedenken, die auch unsere Kolleginnen und Kollegen in
landespolitischer Verantwortung tragen. Und darüber werden wir, auch ich als
Mitglied des Vermittlungsausschusses, sprechen mit den Ländern. Und da halte
ich auch Bewegung für erforderlich. Der Widerstand von Herrn Kretschmann,
leider auch des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet, der hat aber einen ganz anderen Hintergrund, da
geht es um landespolitische Pfründe. Da geht es um eine als exklusiv
empfundene Spielwiese, um eigene gesellschaftspolitische und
ideologische Vorstellungen umsetzen zu können. Es gibt eine aktuelle Umfrage.
83 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land halten den
Bildungsföderalismus nicht mehr für zukunftsfähig. 72 Prozent sagen, der Bund
soll stärker Standards setzen und Schlüsselprojekte mit finanzieren. Für wen
machen Herr Kretschmann und Herr Laschet eigentlich
Politik, meine Damen und Herren, denn entscheidend ist nicht, wer das
Bildungssystem verbessert, entscheidend ist, dass unser Bildungssystem
verbessert wird. Und dafür kämpfen wir. ((Applaus)) Meine sehr
verehrten Damen, meine Herren, ich hab nicht ganz zufällig von einer Agenda
für die Fleißigen und einer Agenda für Liberalität, einer Agenda für
Selbstbestimmung zugleich gesprochen. Weil das uns Freie Demokraten ausmacht.
Für uns ist Liberalität nicht alleine nur ein Ordnungsprinzip für die
Wirtschaft. Liberalität ist unser Lebensgefühl, unsere
gesellschaftspolitische Leitvorstellung. Nachdem Friedrich Merz nicht gewählt
worden ist zum CDU-Bundesvorsitzenden, gab es viele Enttäuschte. Jeder ist
uns willkommen. Aber jede und jeder muss auch eines wissen, die FDP, das ist
nicht der Wirtschaftsclub der CDU oder das Sammelbecken von enttäuschten
Friedrich-Merz-Anhängern, wir sind eine eigenständige liberale Partei und
Freiheit ist für uns der Leitwert in allen Belangen. ((Applaus)) Und mit
diesem Leitwert sind wir auch gefordert, andere große Herausforderungen
dieses Landes zu bestehen. Denn im Zuge dieser Herausforderung gerät er unter
Druck. Es ist mit Händen zu greifen, dass wir ja in einer Auseinandersetzung
stehen mit einem neuen Etatismus, der fröhliche
Urstände feiert. Einer neuen Staatsgläubigkeit, die nahezu überall propagiert
wird. Ich nehme das Beispiel der Digitalisierung. Unsere Schlüsselaufgabe ist
es, nicht nur Glasfaser im Boden zu haben, sondern auch den Mobilfunkstandard
der fünften Generation in der Luft. Andere haben das schon. Korea. Wir nicht.
Bei uns mussten wir ewig und drei Tage warten, bis es überhaupt die
Vergaberegeln der Bundesnetzagentur gab, und erst danach, nach dem
abgeschlossenen Prozess könnte geplant und gebaut und installiert werden.
Jetzt werden diese Vergaberegeln der Bundesnetzagentur von privaten Anbietern
auch noch beklagt, weil sie innere Widersprüche enthalten. Und was ist nun
die Antwort darauf aus der Politik? Die Große Koalition spricht, dann macht
es eben eine staatliche Infrastrukturgesellschaft. Die Grünen haben sich
schon vorher für ein öffentlich-rechtliches Mobilfunknetz ausgesprochen.
Sozusagen ein Volksnetz. Meine Damen und Herren, wer die privaten Funklöcher,
die wir haben, beklagt, der darf nicht schweigen von den staatlichen
Schlaglöchern auf der Straße, die wichtigste Zukunftsinfrastruktur sollten
wir nicht mit dieser Herangehensweise realisieren, denn sie hat sich eben
nicht bewährt, so wie andere Glauben machen wollen.
((Applaus)) Die
Funklöcher, die wir haben, die doch auch eine politische Geschichte. Wer
erinnert sich an Hans Eichel als Bundesfinanzminister? Dem ging es damals
nicht um flächendeckendes Netz und Tempo, dem ging es bei der Versteigerung
der früheren UMTS-Lizenzen darum, Kasse zu machen. Und genau dieser Fehler
darf sich nicht wiederholen. Es geht nicht um maximale öffentliche Einnahmen.
((Applaus)) Es geht eben
nicht um maximale öffentliche Einnahmen, sondern es geht um die Schließung
der Funklöcher im 4G-Netz, es geht um faire Wettbewerbsbedingungen zwischen
den privaten Anbietern im Interesse der Kundinnen und Kunden und der
Schiedsrichterrolle der öffentlichen Hand und dem schnellen Ausbau der
5G-Infrastruktur. Und deshalb, verehrte Anwesende, meine Damen und Herren,
wir wollen mit marktwirtschaftlichen Methoden die Zukunftsinfrastruktur
schaffen, weil der Staat bei so vielen Projekten bewiesen hat, dass er nicht
der bessere Unternehmer ist. ((Applaus)) Wenn der
Staat etwas bei der Digitalisierung tun will, dann empfehle ich, soll sich
doch die öffentliche Verwaltung einmal um die eigene Digitalisierung kümmern.
In Deutschland träumt man noch von der Steuererklärung auf dem Bierdeckel in
diesen Tagen wieder. Andere sind längst weiter. In Schweden bekommt man eine
vom Finanzamt vorausgefüllte Steuererklärung. Mit den Daten, die die
öffentliche Hand bereits zur Verfügung hat. Und wenn man nichts korrigieren
will, dann bestätigt man per SMS. Wir haben zwischen den Jahren Belege
gesammelt. Und sortiert und ans Finanzamt oder den Steuerberater gegeben. In
Estland kann man online innerhalb von wenigen Minuten seine Steuererklärung machen,
und innerhalb von zwei Tagen gibt es einen Steuerbescheid. Estland war vor 29
Jahren noch eine Sowjetrepublik, was die können, das sollte unser Ehrgeiz
sein, auch zu können. Also da kann man den Ehrgeiz konzentrieren. ((Applaus)) Und es gibt
noch einen zweiten Bereich, wo wir nicht smart sind, sondern mit alten
Methoden große Herausforderungen ansprechen wollen. Die Freien Demokraten
sind eine Partei mit ökologischer Verantwortung. Das erste Umweltprogramm
einer Bundesregierung wurde von einem FDP-Minister verantwortet. Wir wissen,
Klima- und Umweltschutz ist eine unserer Schlüsselaufgaben als Liberale. Wir
wollen ja, dass Menschen sich frei entfalten können und deshalb gibt es
Grenzen der individuellen Freiheit auch einer Generation. Das eigene Handeln
so auszudehnen, dass die Chancen künftiger Generationen eingeschränkt werden.
Uns muss man also ökologische Verantwortung nicht erst erklären. Wir halten
sie für ein Kernelement liberaler Politik und ich empfehle uns, diese
Traditionslinie der Freien Demokraten in Zukunft auch wieder stärker
hervorzuheben, denn es ist notwendig. ((Applaus)) Denn es ist
notwendig, wir werden Zeugen, dass Wirtschaft und Gesellschaft gegenwärtig
fundamental umgebaut werden. Weniger Fleisch, weniger Mobilität, weniger
Produktion. Alles entschieden von wohlmeinenden Politikerinnen und
Politikern, sozusagen am „grünen Tisch“. Und die Menschen haben sich dem zu
unterwerfen. Die Klimaschutzpläne für das Jahr 2030 und 2050 enthalten
minutiöse Planungen. Die Sowjetunion hat sich nur Fünfjahrespläne zugetraut,
was hat sich seitdem verändert, dass wir bis ins Jahr 2030, bis ins Jahr 2050
glauben, planen zu können. Quoten, Subventionen, Verbote allenthalben,
überall harte Eingriffe, Belehrungen und Appelle. In Berlin, da will ein
grüner Bezirksstadtrat jetzt Detektive beauftragen, die kontrollieren, ob die
Menschen den Müll trennen. Was kommt danach? Was kommt nach den Waste-Watchern? Eine Prämie? ((Applaus)) Was kommt
dann? Eine Prämie? Dass man, wenn man seinen Nachbarn denunziert, weil er den
Müll nicht trennt? In einer solchen Gesellschaft will ich nicht leben. Nicht
aus sicherheitspolitischen Gründen und auch nicht aus ökologischen Gründen
ist die Lenkung, Bevormundung und Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger
gerechtfertigt. Das ist eine Frage der inneren Liberalität. ((Applaus)) Nein, das ist
eine Frage unserer inneren Liberalität. Bemerkenswerter Weise hat der
verstorbene große Soziologe Ulrich Beck einmal etwas bemerkenswert gesagt. Er
hat nämlich seinerzeit gesagt, er beobachte bei seinen Freunden, der meinte
das nicht ironisch, er beobachte bei seinen Freunden aus der Umwelt- und
Klimabewegung ein liebäugeln mit der Figur der ökologischen Steuerung von
oben. Und er hat es verglichen mit dem chinesischen Staatskapitalismus.
Soweit würde ich nicht gehen, aber das, was wir in der Klima- und
Umweltpolitik beobachten, das ist ein Misstrauen gegenüber Selbstbestimmung
und Eigenverantwortung, Vernunft und Einsichtsfähigkeit der Menschen. Die
freie Rahmensetzung des Staates wird ersetzt durch eine Kommandowirtschaft.
Und ich schlage vor, dass wir ein Gegenmodell in die Debatte einbringen. Wir
wollen die legitimen Entwicklungswünsche der Menschen auf der einen Seite in eine Balance bringen mit der Verantwortung
für die natürlichen Lebensgrundlagen. Und dafür brauchen wir eine andere
Politik, die nicht gegen Ökonomie und Selbstbestimmung gerichtet ist, sondern
die im Gegenteil ökonomische Vernunft und Selbstbestimmung in den Dienst ökologischer
Ziele stellt. ((Applaus)) Und konkret
geben wir dem CO2 einen Preis. Der genau in dem Tempo steigt, wie wir den
Ausstoß reduzieren müssen. Statt überall zu schauen, in der Detailsteuerung,
da eine Quote, da ein Verbot, Vertrauen wir darauf, dass dann die Ingenieure,
die Techniker, mündige Verbraucher und Wissenschaftler jeweils den
effektivsten, den günstigsten Weg finden, ressourcenschonend zu produzieren
und zu konsumieren. Ich bin mir sicher, die Weisheit der vielen in der Mitte
der Gesellschaft ist der Einfältigkeit der wenigen in der Politik immer
überlegen und diese Erkenntnis sollten wir wieder in Deutschland leben.
Vorleben. ((Applaus)) Das macht
sich doch am Beispiel etwa der individuellen Mobilität und der
Automobilwirtschaft jetzt deutlich. Wir sind in unserem Land verliebt in die
Elektromobilität. Die Grünen träumen vom Verbot des Verbrennungsmotors schon
2030. Und die Bundesregierung hat in Europa bei den Flottengrenzwerten dem
faktisch zugestimmt. Wir haben uns verliebt in die Elektromobilität. Wir
rechnen sie uns auch schön. Fällt eigentlich nur uns auf, dass mit mehr
Stromverbrauch natürlich auch mehr Strom produziert werden muss? Wo sind
eigentlich die Flächen für die vielen tausend zusätzlichen Windkraftanlagen,
die wir brauchen, wo wir doch jetzt schon Bürgerproteste dagegen haben. Fällt
eigentlich nur uns auf, dass wir uns mit der Fixierung auf die
Elektromobilität in die Abhängigkeit des weltweiten Lithium-Oligopols
begeben? Stellen eigentlich wir nur die Entsorgungsfrage nach den Batterien
alter Generationen, die man nicht braucht? Ist eigentlich nur uns klar, dass
die Elektrifizierung unserer Gesellschaft, die wir auch am Ende der
Entwicklung wollen, natürlich auch neue Netze braucht? 6.000 Kilometer
Stromleitungen müssen in Deutschland noch gebaut werden. Die fehlen uns für
eine dekarbonisierte Gesellschaft, die auf
elektrischer Energie beruht. 6.000 Kilometer. Im vergangenen Jahr kamen 30
Kilometer neu gebaute Stromleitungen, nur 30 Kilometer hinzu. Damit man das
einordnen kann, eine Weinbergschnecke legt im Jahr 27 Kilometer zurück. Das
ist die Größenordnung, über die wir reden. ((Lachen und Applaus)) Andere machen
es besser, zum Beispiel die viel gescholtenen Vereinigten Staaten von
Amerika. Manche vergessen, dass zum Beispiel Kalifornien schon in den 70er
Jahren in Fragen Luftqualität und Klima führend war. Die Vereinigten Staaten,
ja, haben Anbieter wie Tesla, aber die haben daneben auch E15. Die haben
Biomethan, darüber hinaus gibt’s synthetische Kraftstoffe, die aus CO2 und erneuerbaren
Energien gewonnen werden, die im regulären Verbrennungsmotor vollkommen
klimaneutral verwendet werden können, und die eine bessere, zumindest heute,
bessere ökologische Bilanz haben als das Elektrofahrzeug mit Braunkohlestrom.
Und deshalb, meine Damen und Herren, wir als Freie Demokraten sind offen für
alle Technologien, die klimafreundlich sind. Das heißt aber auch, wir sind
offen für alle Technologien, die freundlich sind und wollen eben nicht nur
auf eine setzen, denn hätte man die Erfindung der elektrischen
Schreibmaschine in den 70er Jahren bereits als Ende der Entwicklung
begriffen, das Smartphone hätten wir niemals bekommen und das darf sich bei
der Verkehrswende nicht wiederholen. Niemals. ((Applaus)) Mein letzter
Gedanke, diese Fragen, die ich gerade angesprochen habe, das sind auch Fragen
der gesellschaftlichen Legitimation von Politik. Die betreffen Konflikte in
allen westlichen Gesellschaften. David Goodhart,
ein Soziologe, der spricht von den „Anywheres“ und
den „Somewheres“ als neue Konfliktlinie in der
Gesellschaft. Die Anywheres, da sind diejenigen,
die on der Globalisierung profitieren. Die sich
einen Tesla leisten können. Die Somewheres, das
sind diejenigen, die vielleicht traditionelles Gesellschafts- und
Familienbild haben. Die irgendwo an einer Milchkanne wohnen und da auch
verwurzelt sind. Und die sich bedroht fühlen. Wenn man denen sagt, mit deinem
Diesel kommst du nicht mehr bei Stuttgart in die Stadt rein, kauf dir ein
Elektroauto oder bleib zu Hause, dann gefährdet man, dass diese Menschen sich
von den gewählten Repräsentanten abwenden, weil sie sich nicht mehr
repräsentiert fühlen. Ich glaube, dass wir einen Beitrag dazu leisten können
als Liberale, diese Konfliktlinie zwischen Anywheres
und Somewheres zu schließen. Weil wir Respekt haben
vor jeder Form der privaten Lebensführung, auch wenn wir sie nicht teilen,
und weil wir auf der anderen Seite verstanden haben, dass auch da eigene
wirtschaftliche Vorankommen ein legitimes Anliegen der Menschen ist, egal, wo
sie wohnen. Deshalb können wir einen Beitrag leisten. ((Applaus)) Wir sehen die
schauderhaften Bilder aus Frankreich, die sind Ausdruck dieser Konfliktlinie.
Klar, da kommen Antisemiten, Rassisten Hooligans aus ganz Europa dazu, um
Krawall zu machen, aber der Ausgangspunkt war genau diese Konfliktlinie Anywheres gegen Somewheres. Und
Emmanuel Macron mit seinen Reformen hat jetzt
darauf reagiert. Aber insbesondere seine Neujahrsansprache fand ich
beeindruckend, auch im Vergleich. Das war kein Gesäusel, sondern der französische
Staatspräsident hatte den Mut zu sagen, wir müssen über alles reden, wir
müssen Probleme lösen, ich nehme Ängste ernst. Aber es ist eine Illusion zu
glauben, alle könnten weniger arbeiten und zugleich mehr verdienen. Eine
solche klare Ansprache wünsche ich mir manchmal in Deutschland, denn die
Menschen wollen nicht eingelullt werden, ich glaube, dass die große Mehrheit
der Menschen erwartet, dass die Politik sie ernst nimmt und dazu gehört auch,
ökonomische Wahrheiten auszusprechen. Und das macht er. ((Applaus)) Das macht er
und deshalb fühlen wir uns ihm verbunden. Nicht jede seiner Reformmaßnahmen
in Frankreich oder jede seiner Vorstellungen für die Europäische Union teilen
wir. Aber die Ambitionen und die grobe Richtung ist
klar. Denn die Somewheres fürchten Digitalisierung,
Migration, die Veränderung, die Liberalisierung der Gesellschaften, sie sehen
darin eine Bedrohung und das machen sich Populisten mit ihrem Geschäftsmodell
zunutze. Indem sie den Eindruck erwecken, vor Digitalisierung und Globalisieren
und Migration und Individualisierung der Gesellschaft könne man sich
schützen, in dem man sich im Nationalstaat
verschanzt. Das ist genau die falsche Antwort. Die Ängste sind da vor diesen
Megatrends. Aber wir werden diese Ängste nicht beantworten, in dem wir uns in
den Nationalstaat zurückziehen, sondern nur, in dem
wir das als Gestaltungsaufgaben begreifen. Globalisierung, also Freihandel,
Nicola Beer sprach darüber, Migration, Gestaltung der Digitalisierung,
äußere, innere Sicherheit, das sind Fragen, die im 21. Jahrhundert überhaupt
gar nicht mehr im nationalstaatlichen Kontext gelöst werden können, deshalb
ist die Antwort auf bestehende Ängste der Menschen eben nicht, Europa
abzuwickeln, sondern im Gegenteil, Europa wieder dort zu einem starken Problemlöser
zu machen, wo sich aus dem gemeinsamen Handeln echter Mehrwert für die
Menschen ergibt. Das ist unser Anspruch zusammen mit Macron.
((Applaus)) Freihandel,
Verteidigungspolitik, Binnenmarktpolitik, äußere, innere Sicherheit,
Migration, alles große Aufgaben, die wir europäisch angehen können. Viel zu
lange, Werner Hoyer, Präsident der Europäischen Investitionsbank ist hier,
ist meine Zeuge, viel zu lange haben Macron und die
Europäer auf eine deutsche Antwort auf eine europäische Zukunftsagenda gewartet.
Jetzt in Straßburg hat Frau Merkel einmal befreit vom Parteiamt und der
Tagespolitik die Vision einer gemeinsamen europäischen
Verteidigungsgemeinschaft skizziert. Wenn man sieht, was Trump entscheidet,
was Russland entschieden hat, wann, wenn nicht jetzt, wäre die Zeit gekommen
für echte Initiativen und nicht bloße Absichtsbekunden? Es wird Jahrzehnte
brauchen, bis wir die europäische Verteidigungsgemeinschaft haben. Aber
bereits heute kann man die ersten Schritte notfalls auch noch bilateral zwischen
Deutschland und Frankreich in die Wege leiten. Wir sollten nicht länger
darauf warten, wir sollten es tun. ((Applaus)) Brexit.
Trump, Erdogan, Putin, der Brexit, wir merken doch
alle, was auf der internationalen Bühne los ist. Taiwan und China. Der neue
Anspruch der Chinesen auf der Weltbühne, eine bestimmende Rolle zu spielen,
die bestimmen das super Power des 21. Jahrhundert zu werden. Und in dieser
Phase findet Europa nicht zu einer Stimme, das muss sich ändern. In einer
solchen Phase sprechen wir in Deutschland übrigens zurecht,
aber leider nahezu nur über die Ausstattung der Bundeswehr. In einer solchen
Phase müssten wir doch über Diplomatie viel stärker sprechen. Es droht eine
neue Aufrüstungsspirale zwischen den USA und Russland. Das wäre doch jetzt
ein Auftrag auch an Deutschland, im europäischen Kontext im Wege einer
Pendeldiplomatie zu schauen, ob man nicht einen nuklearen Rüstungsgang
verhindern kann, denn ökonomisch kann der in niemandes Interesse sein. Wäre
doch unsere Aufgabe. ((Applaus)) Und mehr
noch, ich war in Washington mit einer Delegation der FDP-Bundestagsfraktion.
Und wissen Sie, was die amerikanischen Gesprächspartner gesagt haben? Ihr
seid zu wenig hier. Wir bekommen gar nichts von euch mit, gut, dass ihr mal
da seid. Wir nehmen deutsche Positionen und Argumente viel zu wenig wahr.
Kein Wunder, denn die deutsche Diplomatie, das Auswärtige Amt, ist chronisch
unterfinanziert. Der Sozialetat steigt, aber für die Diplomatie gibt
Deutschland nicht mehr Geld, sondern weniger Geld teilweise sogar aus. Und
das muss sich ändern. In Zeiten von Brexit und
Trump müssten wir mehr in die Diplomatie investieren, wenn die Briten die
Europäische Union verlassen, dann müssten wir mit Goethe-Instituten und
Konsulaten auch in Manchester stärker präsent sein. Wenn Trump die
multilaterale Weltordnung infragestellt, dann
gründen wir eben in Oklahoma-City ein neues deutsches Konsulat, um für
Multilateralismus zivilgesellschaftlich zu werden. Wenn die Diplomatie nicht
hilft, dann haben wir jede Hoffnung verloren. Das ist unser Anspruch.
((Applaus)) Liebe
Freunde, um diese Fragen geht es in diesem Jahr, aber bei der Europawahl geht
es noch um sehr viel mehr. Das ist in diesem Jahr eine besondere Wahl. Da
geht’s nicht nur um diese technischen Fragen, die Politikfelder, die ich
angesprochen habe, sondern es geht um sehr viel mehr. Es geht um die
Gestaltungsfähigkeit, die Überwindung dieser informellen Großen Koalition
seit Jahrzehnten, aber es geht um sehr viel mehr. In unsere Zeiten, mitten in
Europa, wird die Pressefreiheit eingeschränkt. Und zwar in Österreich, nicht
irgendwo. In Polen werden Richter aus den Ämtern gedrängt. Herr Orbán spricht von einer antiliberalen Demokratie in
unseren Zeiten, im letzten Jahr, werden in Europa wieder Universitäten
geschlossen. Es geht also nicht um rein technische Fragen, es geht darum,
unsere gemeinsamen europäischen zivilisatorischen liberalen Werte zu
verteidigen. Und da bin ich stolz, dass wir an der Seite von Emmanuel Macron und anderen Liberalen und Moderaten in den Europawahlkampf
gehen und nicht wie die CDU an der Seite von Viktor Orbán,
liebe Freundinnen und Freunde. ((Applaus)) Und aus diesem Grund sind wir auch die einzige wirklich proeuropäische Partei, eine von zweien, seriöserweise muss ich das sagen. Es gibt nur zwei echt proeuropäische Parteien in Deutschland. Die CDU an der Seite von Herrn Orbán ist es nicht. Die andere proeuropäische Partei sind die Grünen, aber die wollen ein Europa der Gleichmacherei und der Verwischung auch von Verantwortung. Wir wollen Europa, aber ein Europa der Stärke, der Vielfalt, der Freiheit, dass die Probleme der Menschen wirklich löst und deshalb gehen wir in diese Europawahl mit diesen klaren Alternativen. Wir wollen ein Europa der Freiheit und Vielfalt und wer das will, der muss die Freien Demokraten stark machen. Diese Europawahl 2019, das ist nicht wie in der Vergangenheit schon einmal einen nationale Protestwahl, diese Europawahl ist eine europäische Richtungswahl und deshalb gehen wir mit aller Kraft in diese Auseinandersetzungen. Vielen Dank! ((Applaus)) |